Was von Corona geblieben ist – Gesundheitskompetenz im Wandel


von

Redaktion

Was ist von den Gewohnheiten geblieben, die während der Coronapandemie fast selbstverständlich waren?AdobeStock_371751405/tonefotografia

Die Erkältungs- und Grippezeit hat begonnen, doch in öffentlichen Verkehrsmitteln sieht man kaum noch Masken. Was ist von den Gewohnheiten geblieben, die während der Coronapandemie fast selbstverständlich waren? Und wie steht es aktuell um unsere Gesundheitskompetenz? Diese Fragen wurden am Montagabend bei einer Veranstaltung des Wissenschaftsministeriums diskutiert.

“Es ist nicht so, dass nichts von der Pandemiezeit geblieben ist”, sagte Anita Rieder vom Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien. Viele Menschen hätten ein größeres Problembewusstsein entwickelt und beibehalten. Dennoch sei es entscheidend, diese Lehren zu verstetigen und nicht auf ihnen auszuruhen. Aus Expertensicht sei es wichtig, Empfehlungen wie den Impfplan kontinuierlich weiterzugeben. „Gerade bei der Influenza-Impfung müssen wir den Informationsfluss aufrechterhalten, um Erkrankungen vorzubeugen und ihre Schwere zu mindern“, betonte Rieder.

Auch John Evers vom Verband Österreichischer Volkshochschulen (VHS) sieht positive Entwicklungen: “Ich glaube nicht, dass alles schlechter wird.” Die Lebenserwartung steige, während Alkohol- und Tabakkonsum rückläufig seien. Zudem wachse das Interesse an Gesundheitsvorträgen und -angeboten. Besonders interessant sei, dass der bisherige Geschlechterunterschied – mehr Frauen als Männer besuchen Kurse – in einigen Bereichen abnehme. Dies deute auf ein zunehmendes allgemeines Interesse an Gesundheitsthemen hin.

Sonja Schuch von der Servicestelle für Gesundheitsförderung an Schulen (GIVE) hob hervor, dass Gesundheitskompetenz mehr sei als bloße Informationsvermittlung. Wichtig sei, Kinder und Jugendliche zu ermutigen, sich aktiv mit ihrer Gesundheit auseinanderzusetzen. „Die Frage ‚Wie lerne ich, auf mich zu achten?‘ sollte regelmäßig in den Schulalltag integriert werden“, so Schuch. Ein verpflichtendes Unterrichtsfach für Gesundheitskompetenz sieht sie jedoch kritisch. Es gehe weniger darum, dass zu wenig Informationen vorhanden seien, sondern vielmehr darum, warum diese nicht umgesetzt würden. Deshalb sei es oft wichtiger, praxisnahe Rahmenbedingungen zu schaffen, etwa Menschen zu ermutigen, bei Krankheit wirklich zuhause zu bleiben.

Journalist Köksal Baltaci, der den Abend moderierte, definierte Gesundheitskompetenz als die Fähigkeit, Körpersignale richtig zu deuten, gesunde Ernährung zu verstehen und das Gesundheitssystem effizient zu nutzen. Besonders die Fähigkeit, verlässliche Informationen von falschen zu unterscheiden, habe durch die Pandemie an Bedeutung gewonnen. Gesundheitskompetenz sei „kein neutrales Thema mehr“, betonte Rieder. Die Spaltung in der Gesellschaft – etwa durch Verschwörungserzählungen – sei offensichtlich geworden.

Diese Entwicklung überraschte John Evers nicht. „Verschwörungstheorien waren bereits vor der Pandemie sichtbar, aber durch diese wurden sie wie unter einem Brennglas verstärkt.“ Die Volkshochschulen hätten sich jedoch konsequent um Qualität bemüht und auf esoterische Themen verzichtet. Wichtiger seien umsetzbare Lernziele, wie die richtige Körperhaltung am Arbeitsplatz oder korrektes Heben, so Evers.

Renate Ruckser-Scherb von der FH Gesundheitsberufe OÖ ergänzte, dass Social Media zwar zu Desinformation beigetragen habe, jedoch auch positive Informationskanäle böte. In der heutigen Zeit sei es zentral, nützliche Informationen von „Fake News“ zu unterscheiden. Besonders die Auswirkungen von Influencer-Werbung auf Kinder und Jugendliche seien noch kaum erforscht und ein zukünftiges Thema für die Wissenschaft, sagte Rieder.

„Was wir wirklich aus der Coronazeit gelernt haben, muss noch viel gründlicher wissenschaftlich untersucht werden“, schloss Rieder. Für die Expertinnen und Experten wie für die Bevölkerung gilt: „Gesundheitskompetenz ist lebenslanges Lernen.“



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