Schwierige Bedingungen für neue Antibiotika: Anreizmodelle erforderlich


von

Ulrike Krestel

Es braucht neue Anreizsysteme zur Förderung von Forschung und Entwicklung, um den Verlust an Expertise abzuwenden. AdobeStock_1009639216/Seventyfour

Anlässlich der World Antimicrobial Resistance Awareness Week (WAAW), die von 18. bis zum 24. November dauert, betont der Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs (PHARMIG) in einer Aussendung die Bedeutung der sicheren Verfügbarkeit von Antibiotika. Die Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen wachse unaufhaltsam und könnte bis 2050 weltweit bis zu 39 Millionen Todesopfer fordern. Trotz dieser alarmierenden Prognose stecke die Entwicklung neuer antimikrobieller Wirkstoffe in der Krise. Es brauche neue Anreizsysteme zur Förderung von Forschung und Entwicklung, um den Verlust an Expertise abzuwenden.

Die jährlich stattfindende World Antimicrobial Resistance Awareness Week (WAAW), lenkt heuer den Fokus auf den verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika. Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG: „Antibiotika müssen gezielt und sparsam eingesetzt werden, um Resistenzen zu verhindern.” Fehler wie das vorzeitige Absetzen oder die Entsorgung über die Toilette tragen nachweislich zur Ausbreitung resistenter Keime bei.

Hohe Kosten, geringe Rentabilität

Die Entwicklung neuer Antibiotika gestaltet jedoch sich äußerst herausfordernd: Sie ist teuer, langwierig und steht vor einem paradoxen Dilemma. Nach der Zulassung sollen die Präparate aus Gründen der Resistenzprävention möglichst selten verwendet werden – eine Strategie, die die Wirtschaftlichkeit für forschende Unternehmen erheblich einschränkt.

„Es braucht dringend ein System von Anreizen, das Unternehmen über alle Phasen der Entwicklung hinweg unterstützt – von der Grundlagenforschung bis zur Markteinführung“, fordert Herzog. Neben finanziellen Subventionen und Steuererleichterungen sollten auch langfristige Belohnungsmodelle geschaffen werden, die erfolgreichen Innovationen Planungssicherheit geben.

Ein Beispiel für solche Anreize ist der von der EU vorgeschlagene “Transferable Exclusivity Voucher (TEV)”. Unternehmen, die ein neues Antibiotikum auf den Markt bringen, könnten damit den Patentschutz eines anderen Medikaments verlängern. Doch dieser Vorschlag stößt auf Kritik: Während Gesundheitssysteme höhere Kosten fürchten, hält die Industrie den Gutschein für wenig attraktiv und zu restriktiv.

Exodus der Forschung

Die Lage spitzt sich zu, da immer mehr Unternehmen aus der Antibiotikaentwicklung aussteigen. Sogar Projekte, die bis zur Zulassung gelangten, scheiterten häufig an mangelnden Umsätzen. „Das zeigt, wie wichtig durchdachte Anreize sind, um Innovatoren zu unterstützen“, mahnt Herzog. Ohne diese drohe eine weitere Ausdünnung der ohnehin schwachen Pipeline neuer antimikrobieller Wirkstoffe – und damit ein gefährlicher Verlust an Know-how.

Herzog warnt: „Ein effizientes Anreizsystem heute zu schaffen, kostet deutlich weniger als die Behandlung von Resistenzen in der Zukunft – vorausgesetzt, wir verfügen dann noch über die notwendigen Medikamente.“

The Lancet: More than 39 million deaths from antibiotic-resistant infections estimated between now and 2050, suggests first global analysis



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