Lecanemab-Ablehnung ist “Rückschlag für Europa”


von

Ulrike Krestel

Friendly relationship between caregiver and happy eldery woman during nursing at home. Senior services and geriatric care concept.AdobeStock_420448932/Orawan

Lecanemab, das als erste ursächliche Therapie gegen Alzheimer gilt, birgt laut EMA ein höheres Risiko schwerer Nebenwirkungen im Vergleich zu seinem erwarteten Nutzen. Elisabeth Stögmann, Leiterin der Spezialambulanz am AKH Wien und Präsidentin der Österreichischen Alzheimergesellschaft, bezeichnete die Entscheidung im Ö1-Morgenjournal am Dienstag als “Rückschlag für Europa”.

Die EMA wies insbesondere auf mögliche Wassereinlagerungen und Blutungen im Gehirn hin, die bei Patienten auftreten können, die mit Lecanemab behandelt werden. Aufgrund dieser Risiken sei eine regelmäßige Überwachung mittels Kernspintomografie (MRT) erforderlich. Der zuständige Ausschuss der EMA entschied, dass der beobachtete Effekt des Präparats beim Abbremsen des kognitiven Verfalls die Risiken ernsthafter Nebenwirkungen nicht aufwiege.

Siehe: Keine Zulassung für Alzheimer-Medikament

In den USA hingegen ist Lecanemab, unter dem Handelsnamen Leqembi, bereits seit Anfang 2023 zur Behandlung von Alzheimer im Frühstadium zugelassen. Obwohl die Therapie die Symptome nicht verbessert, kann sie den Krankheitsverlauf laut Studien um etwa 30 Prozent verlangsamen. Experten schätzen jedoch, dass nur ein sehr begrenzter Kreis von weniger als zehn Prozent der Patienten für diese Behandlung in Frage kommt.

Stögmann betonte, dass es schwierig sei zu beurteilen, ob die Entscheidung der EMA richtig oder falsch sei. Sie sagte jedoch: “Aus meiner Sicht ist es auf jeden Fall ein Rückschlag für Europa, sowohl auf individueller Ebene für betroffene Patienten als auch auf wissenschaftlicher Ebene im Sinne des Fortschritts, da dies ein Meilenstein in der Therapieentwicklung der Alzheimererkrankung gewesen ist.”

Hinsichtlich der Nebenwirkungen erklärte Stögmann, dass zwölf Prozent der Patienten Hirnschwellungen entwickelten. Nur ein Drittel von ihnen habe diese bemerkt, die anderen Fälle wurden mittels Magnetresonanztomografie entdeckt. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten bei ein bis zwei Prozent der Patienten auf. Stögmann betonte, dass eine genaue Beobachtung und die Berücksichtigung genetischer Risikofaktoren sowie eine gute Bildgebung das Risiko weiter minimieren könnten.

Markus Zeitlinger, Leiter der Abteilung für Pharmakologie an der Medizinuni Wien, erklärte im Ö1-Morgenjournal, dass die Ablehnung eines neuen Medikaments durch die EMA immer eine Abwägung der Risiken und Nutzen bedeute. “In diesem Fall führte diese Kombination zu keinem positiven Nutzen-Kosten-Verhältnis”, sagte er. Zeitlinger hob die Bedeutung einer unabhängigen Entscheidungsfindung in Europa hervor und betonte, dass eine differenzierte Betrachtung notwendig sei, um die beste Entscheidung für die Patienten zu treffen.

APAMED



Newsletter

Bleiben Sie stets informiert!