Es ist fix: So will dm zur Apotheke werden


von

Patrick Hollstein

dm hat große Pläne für seinen Einstieg in den Gesundheitsmarkt.AdobeStock_466754661/Tupungato

Nach ersten Andeutungen sind nun konkrete Pläne der Drogeriemarktkette dm bekannt geworden: Es wird eine Versandapotheke geben und die soll ab Sommer mit den wichtigsten Marken loslegen. Wie es aussieht, könnte da aber noch mehr kommen – zumindest für den deutschen Markt. Die Börse reagiert bereits.

Im Webshop und in der App von dm soll es künftig einen Reiter „Medizin“ geben; hier möchte der Drogist fortan rezeptfreie Arzneimittel sowie Apothekenkosmetik anbieten. Eine eigenständige Versandapotheke wie zuletzt bei Douglas – der wenig Erfolg beschert war, was sogar eine Ablöse an der Konzernspitze zur Folge hatte – soll nicht entstehen. Die Vorbereitungen laufen angeblich bereits auf Hochtouren; ab Juli sollen zunächst die Mitarbeitenden das neue Angebot testen können, der endgültige Launch ist für Oktober geplant.

Wie bereits von der Apotheke zur Rose bekannt, zieht es auch dm ins Nachbarland Tschechien. Der Geschäftsbereich soll in Bor angesiedelt sein. In der Kleinstadt nahe der Grenze zu Bayern befindet sich das Logistikzentrum, in dem schon jetzt das komplette Versandgeschäft des Konzerns abgewickelt wird. Betrieben wird der Standort seit 2017 vom Logistikkonzern Loxxess, der auch andere Zentrallager von dm etwa in Polen betreut. Vor zwei Jahren wurde die Lagerfläche von 68.000 auf 145.000 Quadratmeter verdoppelt.

Darf´s ein bisserl mehr sein?

Der Entscheidung, OTC-Medikamente ebenfalls von diesem Standort aus zu verschicken, lag die Idee zugrunde, dass bei jeder Bestellungen auch Produkte aus dem Gesundheitsbereich gleich mit verschickt werden könnten. Allerdings will dm zunächst mit einem ausgewählten Sortiment starten: Gemeinsam mit einer Unternehmensberatung wurden 2500 OTC-Medikamente und 1500 Kosmetikartikel identifiziert, die zum Start in den dm-Webshop aufgenommen werden sollen. Weil es sich um die umsatzstärksten Marken handelt, wird trotzdem schon ein dreistelliger Millionenumsatz angepeilt.

Aktuell werden die Hersteller zu Gesprächen eingeladen; zunächst solche, die mehrere relevante Produkte im Sortiment haben. Für dm ergibt der Einstieg über das Online-Geschäft durchaus Sinn. Denn so kann der Konzern ausloten, wie die Hersteller mit der neuen Situation umgehen. Einerseits geht es um Konditionen – von Rabatten über Listungsgebühren bis hin zu Werbekostenzuschüssen und etwa Beteiligungen an Payback. Und hier ist es alles andere als ausgemacht, dass sich die Industrie allzu schnell ködern lässt. Immerhin steht nicht weniger als ein Marktumbruch auf dem Spiel.

Erster Versuch mit österreichischer Ware gescheitert

Wie die österreichischen Vertreter darauf reagieren, bleibt abzuwarten. Im letzten Herbst gab es in der heimischen Pharmaindustrie große Unruhe, da dm über bislang ungeklärte Quellen Präparate zahlreicher namhafter Produzenten in seine Regale gestellt hatte. Die Hersteller mussten dann Vorwürfe der Apothekerschaft zu Kooperationen, die gar nicht stattgefunden hatten, über sich ergehen lassen. Einige Firmen waren damals anwaltlich gegen das Gebaren von dm vorgegangen.

Jetzt will der Konzern seine Spielregeln bei der Direktbelieferung durchsetzen, das reicht von der Anlieferung von Paletten bis hin zum Auspacken von Ware. „Die Grundidee ist es, dass sich die Firmen an dm gewöhnen“, formuliert es ein Marktkenner. Für kleinere Mengen soll ein Großhändler eingebunden werden.

Bereits Niederschlag an der Börse

An der Börse hat die Ankündigung die Aktienkurse die aktuellen Platzhirsche DocMorris und Shop Apotheke auf Talfahrt geschickt. Zurecht, finden Branchenkenner: Wenn ein Konzern neben Amazon das Zeug dazu habe, zum Gamechanger im Apothekenmarkt zu werden, dann sei es die Drogeriekette. „dm hat die Erfahrungen, die Systeme, die finanziellen Ressourcen. Und weil man nicht an der Börse gelistet ist, kann man auch einmal solche Experimente wagen.“

Noch ist viel Vorarbeit zu leisten, von SAP über die Logistik bis hin zur Faktura. Und noch ist auch nicht ausgemacht, ob die Industrie so mitzieht, wie dm es sich erhofft. Aber so oder so wird der Vorstoß ein wesentliches Thema für das kommende Jahr werden – zumal auch Konkurrenten wie Rossmann nicht lange auf sich warten lassen werden.



Newsletter

Bleiben Sie stets informiert!