Nach 25 Jahren steht an der Spitze der Patienten- und Pflegeanwaltschaft in Niederösterreich ein Wechsel an: Michael Prunbauer (43), bisheriger Stellvertreter, übernimmt die Leitung und folgt damit auf Gerald Bachinger, der am 1. September in den Ruhestand ging. Bachinger zog im Gespräch mit der APA noch mal Bilanz. Das Gesundheitssystem habe sich noch immer nicht von der Corona-Pandemie erholt. Zentrale Herausforderungen seien weiterhin Personalmangel und lange Wartezeiten.
Die Corona-Krise bezeichnete der langjährige Patientenanwalt als tiefen Einschnitt für das Gesundheitssystem. Bachinger sieht dringenden Investitionsbedarf, insbesondere im niedergelassenen Bereich. Er verwies dabei auf die jüngsten Finanzausgleichsverhandlungen, durch die mehr finanzielle Mittel bereitgestellt werden sollen.
Arztberuf muss attraktiver werden
In den kommenden Jahren werden viele niedergelassene Kassenärzte in den Ruhestand gehen, doch junge Mediziner bevorzugen laut Bachinger zunehmend die Arbeit im Team statt als Einzelkämpfer. Er forderte daher veränderte Rahmenbedingungen, um den Beruf attraktiver zu machen. In Niederösterreich fehlt es vor allem an Kinderärzten sowie Fachärzten in den Bereichen Gynäkologie, Augenheilkunde und Psychiatrie. Bachinger betonte, dass bloße Honoraranhebungen nicht ausreichen und sprach sich für eine verstärkte Förderung von Primärversorgungszentren (PVZ) aus.
Patientencharta und Entschädigungsfonds
Seit 1999 leitete Bachinger die NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft und war 23 Jahre lang Sprecher der ARGE der Patienten- und PflegeanwältInnen (ARGE PPA) auf Bundesebene. Zu den bedeutendsten Errungenschaften seiner Amtszeit zählt er die Einführung der Patientencharta und den seit 2002 bestehenden Patienten-Entschädigungsfonds. Das Patienten-Verfügungsgesetz (PatVG) von 2006 stärkte zudem die Autonomie und Selbstbestimmungsrechte der Patienten.
Die Einführung der elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) bezeichnete Bachinger als schwierigen Prozess, der noch nicht vollständig umgesetzt sei. Trotz Widerständen verteidigte er das Projekt, da es Versorgungsdefizite verringern kann, wenn relevante Patientendaten verfügbar sind. Auch in den vergangenen Jahren übte Bachinger immer wieder Kritik und geriet in Konflikt mit der Ärztekammer.
Private Pläne aber nicht ganz
In den letzten 25 Jahren bearbeitete die NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft mehr als 35.700 Fälle. Bachinger, der 1961 geboren wurde, plant, sich weiterhin in Arbeitsgruppen zum Gesundheitspakt für die langfristige Sicherung der medizinischen und pflegerischen Versorgung in Niederösterreich einzubringen. Privat möchte er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen – er ist Vater von sechs Kindern und Großvater von vier Enkeln – sowie Reisen mit dem Wohnmobil unternehmen und Hobbys wie Lesen und Radfahren nachgehen.
Nachfolger setzt Arbeit fort
Sein Nachfolger Michael Prunbauer ist seit 20 Jahren in der Patienten- und Pflegeanwaltschaft tätig. Er kündigte an, den erfolgreichen Kurs seines Vorgängers fortzusetzen und die Interessen der Patientinnen und Patienten im Transformationsprozess des Gesundheitswesens zu vertreten.
FOTO: NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft
Prunbauer sieht als zentrale Herausforderungen die alternde Bevölkerung, die zunehmende Komplexität von Behandlungen sowie den Wandel in der Berufsausübung des Gesundheitspersonals. Insbesondere die flächendeckende Präsenz von Einzelkämpfer-Ordinationen werde in ländlichen Gebieten künftig durch Primärversorgungseinheiten ersetzt werden. Zudem sei es ihm ein Anliegen, dass vulnerable Gruppen, wie Pflegebedürftige und Kinder, in der Komplexität des Gesundheitssystems nicht benachteiligt werden.
APAMED