Apothekenrecht: Welchen Nachhall hat die Novelle von 2024?


von

Astrid Janovsky

Hohl ist Spezialistin für Apothekenrecht und blickt kritisch auf die Novelle von 2024.Karin_Ahamer_Photography

Die Apothekengesetz-Novelle hat 2024 einige Änderungen für die Apotheken gebracht. Nicht alle sind nachvollziehbar und könnten 2025 noch ein Nachspiel haben. Juristin Dr. Karma Hohl gibt eine Einschätzung.

Dr. Karma Hohl ist Apothekenrechtsexpertin und war lange in der Rechtsabteilung der Kammer tätig. Nun wagt sie den Schritt in die Selbstständigkeit. Mit TARA24 spricht die Juristin über Apotheker:innen als Klienten, die Änderungen in der Apotheken-Gesetzesnovelle 2024 und was 2025 für Apothekenrechtsthemen aufkommen könnten

TARA24: Frau Dr. Hohl, im letzten Jahr hat sich einiges im Apothekenrecht getan. Was waren für Sie die spannendsten Änderungen?

Dr. Karma Hohl: Bei der „Apothekengesetz-Novelle 2024“ handelt es sich um einer der weitreichendsten Novellen im Apothekengesetz in den letzten Jahrzehnten. Die spannendsten Änderungen stellen meines Erachtens die Festlegung eines Höchstalters (zum Zeitpunkt des Konzessionsantrages nicht älter als 65. Lebensjahr) zur Erlangung einer Konzession zum Betrieb einer neuen oder einer bestehenden Apotheke und die bereits bei Gründung einer Apothekengesellschaft notwendige Mehrheitsbeteiligung des Konzessionärs von mindestens 51 Prozent am Apothekenunternehmen dar.

TARA24: Wo sehen Sie Punkte in der Änderung des Apothekenrechts, bei denen Vorsicht geboten ist oder wo sind neue Möglichkeiten entstanden, die von den Apotheken aus Ihrer Sicht noch zu wenig in Anspruch genommen werden?

Hohl: Fraglich für mich und die ganze Branche ist, ob die mit der „Apothekengesetz-Novelle 2024“ eingezogene starre Altersgrenze, die auch im Ergebnis dazu führt, dass bereits vor in Kraft treten der Novelle anhängige Konzessionsverfahren von über 65-jährigen Konzessionswerbern – mangels Übergangsbestimmung – nunmehr abgewiesen werden, verfassungskonform ist. Die nunmehrige Einschränkung des Fortbetriebsrechts der Kinder bei Apotheken auf solche ersten Grades sollte bei Apotheken im Familienverbund jedenfalls genauer geprüft werden, um kein „böses Erwachen“ zu erleben. Die Überprüfung allfälliger „alter“ Gesellschaftsverträge und insbesondere deren „Ablebensregelungen“ macht jedenfalls Sinn.

Die Apothekengesetz-Novelle 2024 hat weiters die Testermächtigung (Testung auf Influenza, COVID, RSV, Blutzucker, Blutfetten) der Apotheken als zentrale Säule bei der Bekämpfung der COVID-Pandemie, als „Dauerrecht“ implementiert, freiwillige Öffnungszeiten außerhalb der Kernöffnungszeiten, die Möglichkeit der Bewilligung von bis zu drei Filialapotheken sowie von dislozierten Abgabestellen geschaffen. Diese „neue“ Möglichkeiten werden meines Erachtens derzeit von den Apothekenbetrieben noch wenig in Anspruch genommen.

TARA24: Mit Ausblick auf 2025: Sind in absehbarer Zeit apothekenrelevante juristische Ereignisse zu erwarten?

Hohl: Wie bereits erwähnt, hat die Apothekengesetz-Novelle 2024 eine starre Altersgrenze (65. Lebensjahr) für die Erlangung einer Konzession für eine neue Apotheke als auch für die Übernahme einer bestehenden Apotheke, dies ohne Übergangsbestimmung, geschaffen. Fraglich ist, ob diese Bestimmung vom Verfassungsgerichtshof als verfassungskonform qualifiziert wird und sohin weiterhin Rechtsbestand bleibt. Eine diesbezügliche Beschwerde ist bereits beim Verfassungsgerichthof anhängig.

Weiters wird eine neue TU Studie zur Ermittlung von Einwohnergleichwerten im heurigen Jahr erwartet, die im Rahmen der Beurteilung des Bedarfs an einer neu zu errichtenden Apotheke Anwendung findet wird und möglichweise zu Änderungen bei der Erlangung einer Neukonzession führt.

TARA24: Wie kam es, dass Sie einen Ihrer Arbeitsschwerpunkte im Apothekenrecht gefunden haben?

Hohl: Anno dazumal als junge Jus-Studentin kam mir das damalige Enthüllungsbuch „Gesunde Geschäfte: Die Praktiken der Pharmaindustrie“ unter. Ich war fasziniert vom Konnex zwischen Recht, Pharmazie und Medizin. Dieses Buch hat mich schlussendlich bewogen, meine rechtsvergleichende Doktorarbeit zum Thema „Arzneimittelhaftung in Österreich und im Staate New York“ publiziert im VDM Verlag 2008 zu verfassen. Nach Abschluss meiner Rechtsanwaltsausbildung war ich sodann über 10 Jahre als Referentin in der Rechtsabteilung der Österreichischen Apothekerkammer tätig. Im Rahmen dieser (behördlichen) Tätigkeit war ich ua. für Konzessionsverfahren, Gesellschaftsrecht und die Verlegungen von Apotheken zuständig. Umso mehr freut es mich, dass ich als Rechtsanwältin weiterhin in diesem Spezialgebiet tätig sein darf und meine Mandanten bei Unternehmensgründungen, Unternehmenskäufen oder gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen zur Seite stehen kann.

TARA24: Als Juristin sind Sie nun schon lange in der Apothekenwelt unterwegs: Was unterscheidet Apotheker:innen von Ihren anderen Klientinnen und Klienten?

Hohl: Wie jede Profession haben auch Apotheker:innen ihre „eigene Sprache“. Ich habe den Eindruck, dass Pharmazeuten als Naturwissenschaftler gewohnt sind, eindeutige Ergebnisse zu erhalten. Die Juristerei ist bedauerlicherweise eine nicht so klare „Wissenschaft“, sodass es immer wieder verschiedene Lösungsansätze oder Interpretationsspielraum gibt („O-Ton: Grundsätzlich gilt, aber…“). Als Rechtsanwältin ist es sodann meine Aufgabe diese Lösungsansätze möglichst präzise darzustellen, um den Mandanten die beste Lösung aufzuzeigen.

TARA24: Welche Fragen oder Probleme werden an Sie von Apotheker:innen vorrangig herangetragen?

Hohl: Meine Apothekenmandanten kommen vor allem mit Neugründungen, Übernahmen von bestehenden Apotheken als auch mit Gesellschaftsgründungen, Verlegungen als auch mit arbeitsrechtlichen Fragestellungen zu mir.

Zur Person: Dr. Karma Hohl ist Rechtsanwältin in Wien. Davor war sie unter anderem zehn Jahre Referentin in der Rechtsabteilung der Österreichischen Apothekerkammer. Ihre Spezialisierung liegt vorrangig in Apothekenrecht, Arztrecht, Baurecht- und Bauträgervertragsrecht, Gesellschafts- und Unternehmensrecht Liegenschafts- und Immobilienrecht, Medizinrecht und Unternehmensrecht. Außerdem ist sie Autorin mehrerer Fachbeiträge zum Thema Apotheken- und Medizinrecht. www.kh-law.at.



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