Seit 2018 liegt der EU ein Vorschlag vor, die Zeitumstellung abzuschaffen. Nun wird ein neuer Vorstoß gewagt, ein Ergebnis jedoch angezweifelt. Umfragen belegen, dass sich die Herausforderung an die Chronobiologie bei rund einem Viertel der Bevölkerung gesundheitlich bemerkbar macht.
Ende der Woche, in der Nacht auf den 30. März, werden die Zeiger in Europa wieder um 2.00 auf 3.00 Uhr vorrücken. Dabei liegt seit 2018 ein EU-Vorschlag auf dem Tisch, den halbjährlichen Wechsel zwischen Winter- und Sommerzeit abzuschaffen. Polen – das zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat – sondiert derzeit, wie die anderen EU-Staaten zu dem Vorschlag stehen. Große Hoffnung auf eine baldige Lösung hat man aber nicht.
“Da die Kommission in ihrem jüngsten Arbeitsprogramm beschlossen hat, den Vorschlag nicht zurückzuziehen, planen wir, die Mitgliedstaaten informell zu konsultieren, um herauszufinden, ob es noch möglich ist, den Vorschlag voranzutreiben”, heißt es in einem Statement des polnischen Ratsvorsitzes gegenüber der APA. “Wir sind uns bewusst, dass der Vorschlag seit 2018 auf dem Tisch liegt und bisher von den Mitgliedstaaten nur begrenzt unterstützt wurde.”
EU-Plan vs. Länder-Lösung
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass es zu keinen Zeitumstellungen mehr kommt. Jedem Mitgliedstaat der Union sollte es aber überlassen werden, ob er ganzjährig auf Sommer- oder Winterzeit umstellt. Doch aus vielen Ländern kamen Bedenken gegen diesen Plan, da unter anderem für die Wirtschaft eine einheitliche Zeitzone wünschenswert erscheint, zumindest in Mitteleuropa. Andernfalls könnten zwischenstaatliche Zeitunterschiede den Handelsverkehr beeinträchtigen. Das offizielle Österreich bevorzugt übrigens eine ständige Sommerzeit als Standardzeit.
Losgetreten wurde der Prozess der Abschaffung durch eine EU-weite (nicht-repräsentative) Online-Umfrage. Bei dieser hatten sich 84 Prozent der Teilnehmer für ein Aus der Zeitumstellung ausgesprochen. Die meisten votierten 2018 für eine dauerhafte Sommerzeit. 4,6 Millionen Antworten, davon allein drei Millionen aus Deutschland, gingen ein – ein Rekord, aber immer noch weniger als ein Prozent der EU-Bürger.
Vor allem Ü60 verspüren Gesundheitsprobleme
In Österreich waren immerhin fast drei Viertel der im März 2021 von Statista Befragten für eine Abschaffung der Zeitumstellung. Diese ist für viele nicht nur lästig und sorgt für Herausforderungen unter anderem im Bahn- und Flugverkehr, sondern bringt auch eine Menge gesundheitlicher Probleme mit sich. Eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag einer großen Deutschen Krankenkasse zeigt auf, dass mehr als ein Viertel der Befragten bereits im Rahmen der Zeitumstellung Beschwerden verspürt hätten. 78 Prozent davon litten an Müdigkeit, zwei Drittel an Schlafstörungen und ein Drittel fühlte sich gereizt. Mehr als jede:r Achte erlebte sogar eine depressive Verstimmung. Von den Erwerbstätigen, die schon einmal Probleme mit der Zeitumstellung hatten, gaben 16 Prozent an, es morgens nicht pünktlich zur Arbeit geschafft zu haben.
Auffällig war in der Umfrage, dass die Zeitumstellung vor allem älteren Personen zu schaffen macht. In der Altersgruppe der Über-60Jährigen berichtete knapp ein Drittel von Problemen. Das ist übrigens auch jene Altersgruppe, in der die höchste Befürwortung zur Abschaffung der Zeitumstellung beobachtet wurde. Bei den Gesundheitsproblemen zeigte sich aber ebenso ein Unterschied in den Geschlechtern: Frauen waren mit 31 Prozent häufiger von Beschwerden betroffen als Männer (24 Prozent).
In der gesamten EU wird bisher am letzten März-Sonntag an der Uhr gedreht – und am letzten Sonntag im Oktober wieder zurück. Eingeführt wurde die Sommerzeit 1973 in Europa anlässlich der Ölkrise und mit dem Hintergrund, Energie zu sparen. Mit der Zeitverschiebung sollte eine Stunde Tageslicht für Unternehmen und Haushalte gewonnen werden. Frankreich machte damals den Anfang.
APA