Sommerzeit, Winterzeit – falsche Arbeitszeit?


von

Astrid Janovsky

Nicht nur die Zeitumstellung wollen Arbeitsmediziner:innen abschaffen.AdobeStock_539028073/irissca

Am Sonntag startet die Winterzeit – und damit die halbjährliche Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Zeitumstellung. Arbeitsmediziner sehen aber ein anderes “Zeit”problem als gravierender: die Arbeitszeiten per se.

Ende Oktober findet wie gewohnt die Umstellung auf die Winterzeit (Normalzeit) statt, wenn die Uhren um eine Stunde zurückgestellt werden. Arbeitsmediziner:innen sehen jede Zeitumstellung kritisch, da sie den Rhythmus der inneren Uhr verschiebt und zu einem sogenannten “Mini-Jetlag” führen kann. Diese Störungen können die Konzentrationsfähigkeit und die Reaktionsgeschwindigkeit am Arbeitsplatz beeinträchtigen.

Lerchen, Eulen und die gemischte Mehrheit

Die alljährliche Umstellung von Sommer- auf Winterzeit rückt ein Thema in den Mittelpunkt, das weit über die reine Diskussion um die Zeitumstellung hinausgeht: die Diskrepanz zwischen unserem gesellschaftlich vorgegebenen Tagesablauf und den biologischen Bedürfnissen des menschlichen Organismus. Chronobiologen unterscheiden dabei drei Haupttypen: Lerchen (Frühtypen, ca. 10 Prozent der Bevölkerung), Eulen (Spättypen, ca. 40 Prozent) und eine große Gruppe mit gemischten Schlafeigenschaften. Diese Einteilung ist genetisch bedingt und beeinflusst maßgeblich, wann wir uns wach und leistungsfähig fühlen. Das wissen allerdings die wenigsten, obwohl das wissenschaftlich belegt ist und durch einfache Haartests nachgewiesen werden kann. Dennoch richten sich feste Arbeits- und Schulbeginnzeiten überwiegend nach den Lerchen, was vor allem für die Eulen erhebliche Probleme mit sich bringt.

Sommerzeit: mehr Lebensqualität, weniger Schlaf

Der Arbeitsmediziner Dr. Helmut Stadlbauer, Leiter des Bereichs “Gesunde Arbeitszeiten” bei IBG, spricht sich vehement für die Abschaffung der Zeitumstellung zugunsten einer konstanten Normalzeit (Winterzeit) aus. Diese gilt als natürlicher für den menschlichen Biorhythmus, da sie näher an der natürlichen Tageslichtverteilung liegt. Dr. Stadlbauer betont, dass die Sommerzeit zwar von vielen Menschen als Verbesserung der Lebensqualität empfunden wird, aber auch gesundheitliche Risiken birgt. Die verlängerte Wachzeit führt häufig zu Schlafmangel und dem Phänomen des “sozialen Jetlags”. Die innere Uhr des Menschen wird vom Tageslicht gesteuert, und die Zeitumstellung stört diese natürliche Regulation, was zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und verminderter Leistungsfähigkeit führen kann. Weiter erklärt Dr. Stadlbauer, dass die weitverbreitete Ansicht, die Qualität der Freizeit stehe über der Arbeitszeit, langfristig negative Auswirkungen haben kann. Vor allem im Winter hätte eine dauerhafte Sommerzeit gravierende Folgen, da das Aufstehen und Arbeiten in der Dunkelheit das Wohlbefinden und die Produktivität beeinträchtigen würde – insbesondere bei Schülern.

Besserer Start um 9:00?

Aus medizinischer Sicht beginnen die Arbeitszeiten in Mitteleuropa zu früh und entsprechen nicht dem biologischen Rhythmus der meisten Menschen. Dr. Stadlbauer unterstreicht, dass eine Flexibilisierung der Startzeiten nicht nur für Jugendliche, sondern für die gesamte Bevölkerung von Vorteil wäre. In Ländern wie Großbritannien und Frankreich beginnt der Schultag oft erst um 9 Uhr, was besser mit den biologischen Rhythmen der Schüler übereinstimmt und ihre Leistung steigert. Auch im Berufsleben könnten flexiblere Arbeitszeiten das volle Potenzial der Mitarbeitenden entfalten, insbesondere bei den Eulentypen, die häufig unter einem leichten bis schweren Schlafdefizit leiden.

APAMED



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