Ärztekammer-Studie sagt: Bevölkerung will Medikamente vom Arzt


von

Astrid Janovsky

Wenig überraschend: wenn die Ärztekammer eine Studie in Auftrag gibt, ist das Ergebnis pro Hausapotheke.AdobeStock_286032180/joyfotoliakid

Eine kürzlich veröffentlichte Studie sagt, dass die Bevölkerung gerne Wahlärzt:innen in Anspruch nimmt und Medikamente von der Ärzt:in beziehen möchte. Auftraggeber der Studie: die Wiener Ärztekammer!

Österreichs Patientinnen und Patienten sehen das heimische Gesundheitswesen immer stärker auf dem falschen Weg. Laut einer am Dienstag präsentierten “Gesundheitsbarometer”-Umfrage im Auftrag der Wiener Ärztekammer bemängeln mehr als zwei Drittel der Befragten eine Entwicklung in die falsche Richtung. Auf der Schulnotenskala vergeben sie für das heimische Gesundheitswesen die Note 2,8. Darüber hinaus halten 65 Prozent der Befragten mehr Investitionen für notwendig.

Falsche Richtung

Die im September durchgeführte Umfrage von “Public Opinion Strategies” (1.000 Befragte, Zielgruppe: Österreichische Wohnbevölkerung ab 16) weist dem Gesundheitssystem in der Patienteneinschätzung einen absoluten Negativwert aus: 70 Prozent sehen es auf dem Weg in die falsche Richtung, nur 22 Prozent in die richtige. Seit 2016 werden diese Umfragen durchgeführt, noch nie war die Einschätzung so schlecht, erklärte Meinungsforscher Peter Hajek.

Corona als Brandbeschleuniger

Er betonte auch, dass die Corona-Pandemie nicht der Auslöser, aber der “Brandbeschleuniger” dieser Entwicklung gewesen sei. Vor allem jene, die das Gesundheitssystem während der Pandemie an der Grenze wahrgenommen hätten, kämen nun zu dieser negativen Einschätzung. Kurzfristig größere Investitionen verlangen unter diesem Eindruck 74 Prozent, nur 16 Prozent überhaupt nicht.

Nicht überraschend reihen die Patient:innen die Gesundheit bei jenen Bereichen, in die der Staat mehr Geld investieren sollte mit 65 Prozent (im Dezember 2022 noch bei 56 Prozent) auch generell ganz nach oben – und das noch vor Sozialem, Pflege, Bildung oder Klima- und Umweltschutz. Die Verantwortung für die wahrgenommene Finanzierungslücke wird zu 52 Prozent dem Bund gegeben, zu 16 Prozent den Ländern und zu 17 Prozent den Krankenkassen.

Mehrheit will Medikamente auch(!) vom Arzt

Unter jenen, die im letzten halben Jahr bei einem Arzt oder bei einer Ärztin waren, nahmen 47 Prozent (vermehrt höher gebildete und Frauen) eine:n Wahlärzt:in in Anspruch. 54 Prozent würden das auch dann tun, wenn es die (bei weitem nicht die Ausgaben deckende) Rückerstattung durch die Krankenversicherungsträger nicht mehr gäbe. Weiteres Ergebnis, das sich mit den Wünschen der Ärztekammer deckt: 65 Prozent, vor allem im ländlichen Raum, würden sich eine Medikamentenabgabe auch beim Arzt oder der Ärztin wünschen. Wohnortnähe wird gut bewertet.

Ärzte-Präsident sieht Abwärtsspirale

Kammer-Präsident Johannes Steinhart sprach in der Pressekonferenz von einer seit Jahren bestehenden “Abwärtsspirale” des österreichischen öffentlichen Gesundheitssystems und sah einen Weckruf an die Politik. Wohnortnähe, rasche Termine und mehr Zeit für die Versorgung hätten für die Bevölkerung Priorität, sagte er unter Verweis auf die Befragung. Entsprechend brauche es mehr Kassenstellen und bessere Rahmenbedingungen für die freiberufliche Versorgung, damit die Ärztinnen und Ärzte diese Stellen auch annähmen. In die kommenden Koalitionsverhandlungen will die ärztliche Standesvertretung ihre Sicht der Dinge einbringen, eine Einladung dazu habe man bekommen.

Vizepräsidentin Naghme Kamaleyan-Schmied forderte von der Politik “Weitsicht statt Rotstift”. Für die Ärzte verlangte sie Unterstützung bei der Praxisgründung sowie eine Würdigung der Leistungen der Wahlärzte: “Sie füllen eine Lücke, die die Politik hinterlassen hat.”



Newsletter

Bleiben Sie stets informiert!