Industrie warnt vor verpflichtender Arzneimittelbevorratung


Redaktion

Arzneimittelbevorratung: Sicherung der Arzneimittel-Grundversorgung oder unrealistisches Wunschdenken der Politik?AdobeStock_1110117100/Best_Seller

Im Vorfeld der kommenden Woche auf Basis einer Verordnung anlaufenden Arzneimittelbevorratung haben Branchenvertreter am Montag erneut Kritik an der Maßnahme geübt. “Nationale Vorratslager gingen in einem gemeinschaftlichen Europa am Ziel vorbei, die Arzneimittelversorgung zu stärken”, hieß es vom Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs (Pharmig). Das Risiko, Engpässe “noch zu verschlimmern”, werde vergrößert, teilte auch der Österreichische Generikaverband mit.

Mit der am 21. April in Kraft tretenden Verordnung des Gesundheitsministeriums wird die Pharmaindustrie verpflichtet, bestimmte Arzneimittel in ausreichender Menge für den österreichischen Bedarf einzulagern. Die Verordnung definiert eine Reihe von Medikamenten, von denen ein Bedarf von vier Monaten eingelagert werden muss. Dazu zählen insbesondere Schmerzmittel, Antibiotika, Medikamente gegen Erkältungssymptome, aber auch Präparate für chronische Herz-Kreislauf- oder Lungen-Erkrankungen. Der Generikaverband sprach am Montag von rund 600 von der Lagerpflicht betroffenen Medikamenten.

Produktionskapazität bereits ausgelastet

Generikahersteller würden jedoch bereits mit 80 bis 100 Prozent Auslastung produzieren, hieß es vom Österreichischen Generikaverband. Wie das Produktionsvolumen trotz Vollauslastung in der Praxis erhöht werden solle, bleibe offen. Würden Unternehmen trotz geringer Lagerbestände Patientinnen und Patienten weiterhin mit Medikamenten versorgen, drohten ihnen sogar Strafzahlungen, wegen Unterschreitung der Lagerverpflichtungen. “Das widerspricht dem Versorgungsauftrag und führt zu der absurden Situation, dass Arzneimittel zwar im Lager liegen, im Akutfall den Menschen aber nicht zur Verfügung stehen”, kritisierte der Präsident des Generikaverbandes, Wolfgang Andiel.

“Pflichtlager erzeugen den Eindruck von Sicherheit, führen aber in der Realität zu Verteilungskonflikten und neuen Engpässen. Entscheidend wird sein, wie die Aufsichtsbehörde die Verordnung in der Praxis umsetzt. Ein angekündigtes Vorgehen mit Augenmaß ist positiv – aber nicht garantiert”, warnte Andiel. “Der einzig sinnvolle Weg ist eine europäische, ganzheitliche Strategie. Auch wenn diese die Situation nicht sofort verbessert, wird sie langfristig gesehen die einzige nachhaltige Lösung darstellen – und zwar für alle Länder Europas”, sagte Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog.

Zu wenige Wirkstoffanbieter

„Engpässe entstehen unter anderem dadurch, dass die Preise vieler Medikamente viel zu niedrig sind. Sie können folglich nur noch in Regionen produziert werden, wo der finanzielle Aufwand möglichst gering ist, also zumeist im asiatischen Raum. Zudem gibt es immer weniger Anbieter von zentralen Wirk- und Inhaltsstoffen. Das ist eine äußerst kritische Gemengelage, deren verheerende Folgen wir in den hiesigen Apotheken sehen, wenn wir ein Medikament nicht bekommen, weil es schlichtweg nicht verfügbar ist“, so Herzog.

Gerade in Österreich herrscht ein sehr niedriges Preisniveau am patentfreien Medikamentenmarkt. Die kostendeckende Versorgung mit Arzneimitteln wird dadurch bei vielen Produkten zur immer größeren Herausforderung für die Beteiligten in der Wertschöpfungskette, angefangen beim Hersteller über den Großhandel bis hin zu den Apotheken.

Politik verkennt Situation

„Die Anbieter und Partner der Lieferkette wissen um die gravierenden Probleme, die ein zu niedriges Preisniveau verursacht. Allein die Politik hat dies noch nicht umfänglich erkannt, wie diese Verordnung des ehemaligen Bundesministeriums für Gesundheit, Johannes Rauch, zeigt. Wir würden uns sehr freuen, wenn die derzeit im Amt befindliche Bundesregierung zielführendere Maßnahmen festlegt, um die Versorgung mit Medikamenten und den Pharmastandort Österreich insgesamt zu stärken“, plädiert Herzog.

APAMED/PHARMIG



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