Gesundheitsminister Johannes Rauch hat die Pharmaindustrie angewiesen, 700 kritische Medikamente für einen viermonatigen Bedarf einzulagern. Diese Maßnahme erfolgt im Rahmen einer neuen Bevorratungs-Verordnung, die von der EU-Kommission genehmigt wurde. Betroffen sind Medikamente gegen Erkältungssymptome, Schmerzmittel, Antibiotika sowie Präparate für chronische Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen.
Die Lagerbestände sollen in den kommenden Monaten gefüllt werden, sodass die Medikamente bereits im Winter zur Verfügung stehen. Für die vollständige Umsetzung sind jedoch zehn Monate Vorlaufzeit vorgesehen.
Kritik an der Verordnung kommt sowohl vom Verband der pharmazeutischen Industrie (Pharmig) als auch vom Generikaverband. Alexander Herzog, Generalsekretär der Pharmig, kommentierte im Ö1 Morgenjournal, die Maßnahme sei „gut gemeint“, jedoch nur bedingt zielführend. Er argumentierte, dass nationale Vorratslager kostspielig und aufwendig in der Betreibung seien und die Medikamentenversorgung durch Umlenkung der Ware weiter verschärfen könnten. Langfristig benötige man eine gemeinsame europäische Strategie.
Wolgang Andiel, Präsident des Österreichischen Generikaverbandes, betont, dass die Generika-Industrie bereits an der Kapazitätsgrenze produziere und daher nicht in der Lage sei, zusätzliche Vorräte anzulegen. Der Verband fordert eine nachhaltige und durchdachte Herangehensweise, die auf effizienten regulatorischen Rahmenbedingungen basiert, anstatt kurzfristige Lösungen, die langfristige Probleme verschärfen könnten.
Europaweite Lösung gesucht
Derzeit sind in Österreich rund 530 Medikamente im Register des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) als nicht oder nur eingeschränkt verfügbar gemeldet – mehr als doppelt so viele wie 2019. Europaweit stehen neun von zehn Medikamente auf der Liste der kritischen Arzneimitte, die von der Europäischen Kommission und der Europäischen Arzneimittel-Agentur veröffentlicht wurde.
Die Europäische Kommission betonte in einer Aussendung, dass eine Politik, die Unternehmen zu umfangreichen Lagerhaltungen verpflichtet, die Dynamik des freien Marktes stören und zu ineffizienter Ressourcenverteilung führen könne. Dies könnte die Versorgung in anderen Märkten gefährden und Engpässe verschärfen. Auch Rauch unterstrich, dass langfristig eine europäische Lösung erforderlich sei, die alle Mitgliedstaaten gleichermaßen absichert. Die durch die erhöhte Arzneimittelbevorratung entstehenden Kosten können auf Antrag durch das BASG erstattet werden.
APA/Agenturen