Im Rahmen der 47. Apolounge der Herba Chemosan Apotheker-AG gab ÖGK-Obmann und Vorsitzender des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger Andreas Huss, MBA einen Ausblick auf die mögliche Zukunft der Gesundheitsversorgung. Diese soll zentralisiert werden, weniger Wahlärzte beinhalten und ein besseres Impfprogramm bringen – gerne unter Einbindung der Apotheken.
Der Regionale Strukturplan (RSG) sieht einen Rückgang der stationären Versorgung um 25 Prozent vor. Allerdings räumt Huss ein, dass „wir bei der niedergelassenen Versorgung hinterherhinken“. Auch die Finanzierung des Gesundheitssystem sieht er kritisch. Während in Deutschland 13 Prozent der Gesundheitsleistungen aus eigener Tasche finanziert werden, leisten die Österreicher:innen rund 23 Prozent private Zuzahlungen. Das entspricht mehr als 1000 Euro pro Person im Jahr.
Zukunftsmodell PVE
Als einen der wichtigsten Zukunftsfaktoren prognostiziert der ÖGK-Obmann die Primärversorgungseinheit (PVE). Für ihn ist dies ein Erfolgsprojekt auf vielen Ebenen. Es führe nicht nur dazu, dass auch zu Randzeiten immer eine medizinische Versorgung zu bekommen ist. Hussel nimmt auch eine große Patient:innenzuzfriedenheit wahr und bemerkt „einen starken Teamgeist bei den angestellten Ärzt:innen und Therapeut:innen“.
Weniger zufrieden äußert er sich über die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft. Momentan fänden gerade Verhandlungen für einen einheitlichen Gesamtvertrag mit der Ärztekammer statt. Denn derzeit gibt es in neun Bundesländern neun verschiedene Leistungskataloge. Ziel soll auch sein, vermehrt spitaslambulante Leistungen in den niedergelassenen Bereich zu ziehen.
Weniger Facharzt-Tourismus
Problematisch sieht Huss dort den „Facharzt-Tourismus“. Zu viele Patient:innen würden direkt den Weg zum teuren Facharzt einschlagen und 25 Prozent der Bevölkerung hätte gar keinen Hausarzt mehr. Auch das Wahlarztmodell bewertet er kritisch: „Es gibt in Österreich 11.000 Wahlärzte. Die sind aber wenig versorgungswirksam.“ 8.000 davon würden weniger als 300 Patient:innen pro Jahr betreuen. Außerdem könnten die Daten nicht erhoben werden, da sie weder an ELGA angeschlossen sind noch e-Rezepte ausstellen.
Deshalb bricht Huss eine Lanze für die PVE und prognostiziert einen massiven Ausbau von aktuell 69 auf 300 PVE bis 2030. 30 Prozent der Bevölkerung sollen dann dadurch versorgt werden. Auch die Terminvergabe für CT- und MRT-Untersuchungen will er zukünftig in die Hand der ÖGK legen. Aktuell nehmen hierzulande 15,5 Prozent der Bevölkerung (in Wien 18,8 Prozent) jährlich eine solche Untersuchung in Anspruch. Laut Huss ein europäischer Spitzenwert.
Erweitertes Gratis-Impfprogramm
Weniger spitze verläuft offensichtlich die Medikamentenversorgung über Hausapotheken. Der ÖGK-Obmann legt offen, dass von Hausapotheken-führenden Arzt:innen um 20 Prozent mehr Arzneimittel verschrieben werden als von deren Kolleg:innen. Und auch beim Thema „Impfen“ sieht Huss Aufholbedarf. Er wünscht sich ein gutes Kinderimpfprogramm und sieht kritisch, dass die Gratisleistungen für viele Indikationen mit dem 15. Lebensjahr erlöschen. Die „wesentlichsten Impfungen“ sollen zukünftig auch für Erwachsene kostenfrei sein. Das Impfen selbst können auch gut Apotheken durchführen, so es nach Huss geht. Seine Bemühungen sind allerdings bisher am Widerstand der Ärztekammer gescheitert. Generell kann er sich aber „vorstellen, dass Apotheken zukünftig mehr Aufgaben übernehmen.“