Raimund Podroschko: “Bessere Arbeitsbedingungen für angestellte Apotheker:innen”


von

Ulrike Krestel

Apotheker zwar nur am Rand erwähnt, aber Bekenntnis zur öffentlichen Apotheke in der Medikamentenversorgung, so die Bilanz von VAAÖ-Präsident Mag. Raimund Podroschko.VAAÖ

Die Bilanz zur vergangenen Legislaturperiode fällt für Mag. Raimund Podroschko, Präsident des Verband Angestellter Apotheker Österreich (VAAÖ), durchwachsen aus. Die Apothekerschaft sei nur am Rande erwähnt worden. Dennoch räumt er Erfolge ein, etwa die Erweiterung des Tätigkeitsbereich wie etwa das Pilotprojekt Medikationsanalyse. Klärungsbedarf gäbe es künftig bei Fragen zur praktischen Umsetzung der Fortbildungsrichtlinie. Außerdem sei eine Anpassung des Kollektivvertrags mit den Vertretern der Selbstständigen erforderlich.

TARA24: Welche Bilanz ziehen Sie aus der vergangenen Legislaturperiode in Bezug auf die Interessen angestellter Apotheker:innen?

Mag. Raimund Podroschko: Im letzten Regierungsprogramm 2020 bis 2024 sind wir Apotheker nur am Rand erwähnt worden, unter „Stärkung und Aufwertung der nichtärztlichen Gesundheitsberufe“. Zumindest gab es ein Bekenntnis zur öffentlichen Apotheke und ihrer Rolle in der Medikamentenversorgung der gesamten Bevölkerung.

Das ist sicherlich verbesserungswürdig. Allerdings hat sich seither vieles verändert. Wir sind ein wichtiger Gesundheitsberuf mit einem öffentlichen Versorgungsauftrag. Das konnten wir vor allem während der Corona-Krise unübersehbar unter Beweis stellen, auch, weil uns die Regierung wesentlich mehr Kompetenzen zum Beispiel bei den Testungen und der Testabgabe eingeräumt hat. Einfach auch, weil die Apotheken und die Supermärkte als einzige zuverlässig offenhielten. Wir vom VAAÖ haben durchgesetzt, dass die Durchführung dieser Tests den Apothekern vorbehalten bleibt. Dadurch hat uns die Öffentlichkeit und die Politik verstärkt als wichtiger Player im Gesundheitssystem wahrgenommen. Mehr Anerkennung und mehr Kompetenzen waren die Folge.

Welche Erfolge für angestellte Apotheker:innen konnten Sie darüber hinaus verzeichnen?

Podroschko: Wie schon erwähnt, konnten wir uns durch unsere hervorragenden Leistungen eine wesentliche Erweiterung unseres Tätigkeitsbereiches „erarbeiten“. Ein bedeutender Schritt ist die Medikationsanalyse, die im Rahmen eines Pilotprojekts eingeführt wurde. Dadurch können wir Patient:innen strukturiert und effizient betreuen, was zur Entlastung des Gesundheitssystems, Kosteneinsparungen und höherer Compliance führt. Ein weiterer schöner Erfolg war das Delegationsrecht für Krankenhausapotheker im Rahmen der Apothekengesetznovelle, das nun auch Verordnungen erlaubt.

In Bezug auf die Verankerung der EU-Richtlinie zur Verpflichtenden Fortbildung in nationales Recht konnten wir im §11 des AVRAG, des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes, für die Dienstnehmer sehr vorteilhafte Rahmenbedingungen durchsetzen. Allerdings ist bei deren Umsetzung derzeit massiv Sand im Getriebe (Anm. siehe unten).

Was erwarten Sie von der neuen Regierung, um die Arbeitsbedingungen für angestellte Apothekerinnen und Apotheker zu verbessern? Welche Maßnahmen erhoffen Sie sich speziell vom Gesundheits- sowie vom Arbeits- und Wirtschaftsressort?

Podroschko: Für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der angestellten Apotheker zu kämpfen, ist die ureigenste Aufgabe des VAAÖ, nicht der Regierung. So muss der besagte §11 des AVRAG endlich realisiert werden. Dazu müssen Fragen zur praktischen Umsetzung der Fortbildungsrichtlinie und einer notwendigen Anpassung des Kollektivvertrags mit den Selbständigenvertretern geklärt werden.

Das Problem liegt darin, dass das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft die Richtlinie der Österreichischen Apothekerkammer als nicht bindend bezeichnet. Das Gesundheitsministerium als Aufsichtsbehörde der Apothekerkammer hat sie hingegen abgesegnet. Das muss jedenfalls rasch behoben werden. Aus unserer Sicht besteht kein Zweifel daran, dass dieser §11 AVRAG logischerweise auch auf die Apotheker:innen anzuwenden ist.

Welche konkreten politischen Maßnahmen wünschen Sie sich somit?

Podroschko: Die Erweiterung unserer Kompetenz ist für uns besonders wichtig. Wir haben eine hohe Expertise in Gesundheitsfragen, die wir zum Wohl der Bevölkerung und für eine bessere Nutzung der Ressourcen einsetzen können. Man muss es uns nur ermöglichen. So können wir mit dem Pilotprojekt zur Medikationsanalyse und den erweiterten Point-of-care Test- und Screeningmöglichkeiten unseren Tätigkeitsbereich sukzessive aufwerten und ausbauen. Durch weitere hochqualitative Dienstleistungen wie das Impfen durch uns Apotheker:innen und die New Medicines Services können wir einen signifikanten Mehrwert schaffen und wesentlich dazu beitragen, die Probleme unseres Gesundheitswesens in den Griff zu bekommen. Speziell am Land würde zudem die Möglichkeit zur Weiterverschreibung die Ärzte deutlich entlasten. … vor allem, wenn die Funktion der Apotheken als Gesundheitsdrehscheibe und jene der Apotheker als Gatekeeper von der Politik verstärkt genutzt wird. Das dient allen und bedeutet für die Apothekenbetriebe einen herausragenden USP für ihre Zukunft. Voraussetzung ist, dass diese Dienstleistungen von den Kassen auch honoriert werden.

Viele sagen, Lieferengpässe bei Medikamenten sind “gekommen, um zu bleiben”. Wie bewerten Sie die bisherigen Bemühungen zur Bekämpfung dieser Engpässe, und welche zusätzlichen Maßnahmen wären aus Ihrer Sicht notwendig?

Podroschko: Dass sich das Problem der Lieferengpässe so zugespitzt hat, ist sicherlich auch der Pandemie geschuldet. Hier ist es der Apothekerschaft und insbesondere den angestellten KollegInnen an der Tara zu verdanken, dass so gut wie immer eine Lösung gefunden werden konnte und kann. Darüber hinaus setzen sich ganz besonders die Vertretungen der angestellten Apotheker in ganz Europa dafür ein, dass das EU-Pharmapaket mit den entsprechenden Lösungsansätzen so rasch wie möglich umgesetzt wird. Auch der Erhalt der magistralen Rezeptur ist uns ein großes Anliegen. Hier sind wir im Rahmen der Kammer, aber auch als VAAÖ ganz vorne dabei. Ganz wesentlich ist, dass die Produktion zumindest der rund 30 lebenswichtigen Arzneimitteln wieder nach Europa geholt wird. Wir müssen unabhängiger von den diversen Billiglohnländern werden.

Welche weiteren Herausforderungen erwarten Sie in den kommenden Jahren für angestellte Apotheker:innen?

Podroschko: KI nicht fürchten, sondern nutzen. Unser anspruchsvoller Beruf entwickelt sich ständig weiter, sowohl was die fachlichen Erkenntnisse betrifft als auch die logistischen und (gesundheits)politischen Anforderungen. Für uns geht es darum, diesbezüglich nicht nur am State of the Art zu sein, sondern dort, wo es möglich ist, unseren Apothekerstand und die Rahmenbedingungen für unsere Arbeit an der Tara und im Krankenhaus aktiv mitzugestalten, diese in die Zukunft weiterzudenken und vorbereitet zu sein. Das heißt z.B. die KI nicht fürchten, sondern nutzen. Agieren statt reagieren, nur so können wir wirklich etwas bewirken.

Der VAAÖ wirft dem FORUM!Pharmazie einen Kniefall gegenüber dem Apothekerverband vor. Insofern was Dienstfreistellungen betrifft, als auch auf thematischer Ebene. Gibt es hier eine Möglichkeit unter den beiden Angestelltenvertreter auf einen Konsens zu kommen. Im Sinne der gesamten angestellten Apothekerschaft?

Wir werfen dieser „Angestelltenvertretung“ den Kniefall nicht vor, wir stellen ihn fest. Es steht außer Zweifel, dass das uns angestellten ApothekerInnen sehr geschadet hat. Denn was ein bedeutender Fortschritt hätte sein können, war in Wirklichkeit eine Husch-Pfusch-Aktion, die nichts gebracht hat. Das zeigt die derzeitige Situation. Wir vom VAAÖ versuchen seit 15 Jahren eine befriedigende Lösung zu finden, und seit 15 Jahren hören wir vom Apothekerverband: „Das ist euer Privatvergnügen, das Ihr gefälligst in eurer Freizeit zu absolvieren habt.” Der §11 des AVRAG hingegen IST ein bedeutender, wegweisender Fortschritt. Aber selbst der wird torpediert.

Die beschlossene Apothekennovelle hat den Apotheken mehr Kompetenzen gebracht, wie etwa flexiblere Öffnungszeiten, neue Dienstleistungen und auch die verpflichtende Fortbildung. Allerdings wurde das Impfen in der Apotheke nicht durchgesetzt. Wie stehen Sie zu dieser Novelle? Welche Auswirkungen hätte das Impfen in Apotheken auf das Aufgabenfeld von angestellten Apotheker:innen und wie wichtig ist es, dass Kund:innen sich künftig in Apotheken impfen lassen können?

Die Novelle zum Apothekengesetz erlaubt uns eine maßgebliche Kompetenzerweiterung. Dass das Impfen durch uns Apotheker:innen nicht enthalten ist, ist zwar ein Wermutstropfen, aber wir haben schon immer viel Geduld und Hartnäckigkeit in Bezug auf die Durchsetzung sinnvoller Angebote bewiesen. Das Thema Impfen ist eine Herzensangelegenheit unserer Vizepräsidentin Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi, gemeinsam mit Mag. Gerhard Kobinger in der Apothekerkammer zuständig für Fortbildungsangelegenheiten. Sie hat bereits vor geraumer Zeit ein beeindruckendes Curriculum und die entsprechenden Kurse ins Leben gerufen, sodass es nun österreichweit mit rund 4.000 KollegInnen genug kompetente ApothekerInnen gibt, damit wir sofort starten können, wenn es uns ermöglicht wird. Dass es sinnvoll ist, zeigen viele Beispiele aus anderen Ländern. Doch die Lobby der Ärzteschaft ist stark …

Keinesfalls wird es hier aber einen politisch motivierten Abtausch geben. Wir sind DIE Arzneimittelfachleute und das bleibt auch so.

TARA24 hat von den Standesvertretern der Apothekerkammer eine Bilanz zur letzten Legislaturperiode eingeholt und sie nach den Wünschen an die nächste Regierung befragt. Nächste Woche finden sie auf TARA24 die Bilanz und die Erwartungen von FORUM!pharmzie Präsidentin Mag. Monika Aichberger und Apothekerverband-Präsident Mag. Thomas Veitschegger



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