Ulrike Mursch-Edlmayr: „Apotheken stärken, Impfen und Telemedizin ausbauen!“


von

Ulrike Krestel

Eine grundsätzlich positive Bilanz der letzten Legislaturperiode zieht Apothekerkammerpräsidentin Mag. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr. Impfen in Apotheken und die Telemedizin werden die bestimmenden Themen.Christian-Husar

Die Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer Mag. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr zieht im Interview mit TARA24 eine positive Bilanz über die vergangene Legislaturperiode: Das neue Apothekengesetz ermögliche künftig erweiterte Gesundheitsservices wie Gesundheitstests in Apotheken. Zudem bleibt der Apothekenvorbehalt für rezeptfreie Medikamente bestehen. Mursch-Edlmayr fordert jedoch weitere Reformen, etwa die Impfbefugnis für Apotheker:innen und die Einführung von Telemedizin, um die Patientenversorgung effizienter zu gestalten.

TARA24: Welche Bilanz ziehen Sie aus der vergangenen Legislaturperiode hinsichtlich der Interessen der gesamten Apothekerschaft?

Mag. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr: Die Bilanz ist unter dem Strich positiv. Die vergangene Legislaturperiode hat mehrere, für die Apothekerschaft zukunftsweisende Änderungen gebracht. Der Nationalrat hat die Apothekengesetznovelle beschlossen. Auf der Basis der neuen Gesetze werden Österreichs Apotheken ihre gesundheitlichen Angebote für die Bevölkerung ausweiten. In Zukunft werden moderne und innovative Gesundheitstests wie etwa Blutzucker- und Cholesterinmessungen oder Analysen von Mikronährstoffen wie Vitamin-D angeboten. Dazu kommen vor-Ort Nachweise von Infektionskrankheiten wie Influenza, RSV oder COVID-19. 

Apropos COVID-19: Das großartige Engagement der Apothekerinnen und Apotheker während der Corona-Pandemie wurde und wird nicht nur von der Bevölkerung honoriert, sondern auch von der Politik. Das Übernehmen von Verantwortung in Krisenzeiten hat das ohnehin schon große Vertrauen in unseren Berufstand weiter ausgebaut.

Ein großer Erfolg ist auch die Bestätigung des Apothekenvorbehalts durch den Verfassungsgerichtshof. Demnach dürfen rezeptfreie Arzneimittel weiterhin nur von Apotheken abgegeben werden und nicht etwa über Drogeriemarktketten. Es handelt sich um eine richtungweisende Entscheidung im Sinne der Sicherheit für Patientinnen und Patienten.

Wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial?

Mursch-Edlmayr: Noch nicht enthalten im neuen Apothekengesetz ist die gesetzliche Grundlage, bestimmte Auffrischungsimpfungen für Erwachsene wie FSME oder Grippe in der Apotheke durchzuführen, um die erschreckend niedrigen Durchimpfungsraten in Österreich zu erhöhen. Die Zahl der Länder mit Impfermächtigung für Apothekerinnen und Apotheker steigt schnell. Dabei zeigt sich, dass die Durchimpfungsraten durch das Impfen in der Apotheke signifikant steigen. Mehr als 2.000 Apothekerinnen und Apotheker in Österreich haben die vorgeschriebene Impfausbildung auf höchstem internationalem Niveau bereits absolviert und stehen bereit.

Was erwarten Sie von der neuen Regierung, um die Rahmenbedingungen für Apothekerinnen und Apotheker zu verbessern?

Mursch-Edlmayr: Damit die öffentlichen Apotheken ihren flächendeckenden Versorgungsauftrag jederzeit auf höchstem Niveau erfüllen und mit Blick auf die gesundheitspolitischen Herausforderungen durch zusätzliche Leistungen erweitern können, muss die wirtschaftliche Absicherung der Apothekenbetriebe sichergestellt werden. Es braucht ein klares Bekenntnis der Politik zur Aufrechterhaltung und gezielten Erweiterung dieser unverzichtbaren Infrastruktur.

Und welche konkreten Maßnahmen wünschen Sie sich?

Mursch-Edlmayr: Abgesehen von der rechtlichen Grundlage zum Impfen in den Apotheken: Apothekerinnen und Apotheker können als zusätzliche lokale 1450-Lotsen zur standardisierten Begleitung der Patientinnen und Patienten durch unser Gesundheitssystem eingesetzt werden. Die Apotheke kann eine Lotsenfunktion inklusive Arzttermin-Vereinbarung übernehmen sowie im Bedarfsfall eine telemedizinische Konsultation anbieten mit anschließender medikamentöser Versorgung. Mit diesem niederschwelligen Angebot kann die Steuerung der Bevölkerung zum „best-point-of-care“ vereinfacht und verbessert werden. Die Wohnortnähe der 1450 flächendeckend und gleichmäßig verteilten Apotheken kann helfen, dass der Grundsatz „digital vor ambulant vor stationär“ tatsächlich zu einer Veränderung der Versorgungswege führt.

Ein weiterer Wunsch an die Regierung: Telemedizin in den Apotheken ermöglichen – Wartezeiten reduzieren. Im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung des Gesundheitswesens sollten telemedizinische Versorgungsformen (z.B. Videosprechstunden) in bestehenden gesundheitlichen Anlaufstellen wie den öffentlichen Apotheken ermöglicht werden, um den Druck auf Ordinationen abzufedern und Wartezeiten auf ärztliche Termine zu reduzieren. 1450 gleichmäßig in ganz Österreich verteilte Apotheken mit Fachpersonal, ELGA-Anbindung und langen Öffnungszeiten bieten den idealen Rahmen, um neue telemedizinische Angebote in Österreich sinnvoll zu etablieren und die Patientenversorgung in ländlichen Regionen und zu Randzeiten spürbar zu verbessern.

Lieferengpässe bei Medikamenten scheinen tatsächlich, “gekommen zu sein, um zu bleiben”. Wie bewerten Sie die bisherigen Bemühungen zur Bekämpfung dieser Engpässe und welche zusätzlichen Maßnahmen wären aus Ihrer Sicht notwendig?

Mursch-Edlmayr: Ebenso wie die Bevölkerung ist auch die Apothekerschaft gezwungen, mit Lieferengpässen zu leben. Mit großem organisatorischem Aufwand und viel persönlichem Engagement gelingt es uns, diese weitestgehend abzufedern. Rund 95 Prozent aller Fälle können in der Apotheke gelöst werden. Unter anderem greifen Apothekerinnen und Apotheker auf magistrale Herstellungen zurück. Es ist der Apothekerschaft zu verdanken, dass es trotz massiver Lieferengpässen bisher noch nicht zu einem Versorgungschaos gekommen ist.

Zur Absicherung der Arzneimittelversorgung ist es zwingend erforderlich, dass dringend benötigte Arzneimittel in Österreich in ausreichender Menge verfügbar sind. Apothekerinnen und Apotheker sind das letzte Glied in der Versorgungskette und stehen im direkten persönlichen Kontakt mit den Menschen.

Gibt es spezielle Vorschläge der Apothekerkammer, um die Versorgungssicherheit bei Medikamenten nachhaltig zu verbessern?

Mursch-Edlmayr: Das Problem der Lieferengpässe ist ein globales Problem, es kann nur auf internationaler bzw. europäischer Ebene gelöst werden. Die Apothekerkammer ist in allen für Österreich relevanten Gremien und Arbeitsgruppen vertreten. Wir arbeiten intensiv daran, die Rahmenbedingungen mit unseren Systempartnern so zu gestalten, dass wir unserem Auftrag nachkommen können, die Bevölkerung rasch und flächendeckend mit den benötigten Arzneimitteln zu versorgen.

Welche weiteren Herausforderungen erwarten Sie in den kommenden Jahren?

Mursch-Edlmayr: Eine unmittelbare Verbesserung der Situation ist nicht zu erwarten.

TARA24 hat von den Standesvertretern der Apothekerkammer eine Bilanz zur letzten Legislaturperiode eingeholt und sie nach den Wünschen an die nächste Regierung befragt. Am Freitag, 13. September, finden sie auf TARA24 die Bilanz und die Erwartungen von VAAÖ-Präsident Mag. Raimund Podroschko.



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