Mag. Thomas Veitschegger: “Leistungen wirtschaftlich absichern!”


von

Ulrike Krestel

Eine bessere finanzielle Absicherung neuer Leistungen und telemedizinische Angebote zur Stärkung der Gesundheitsversorgung, fordert Apothekerverband-Präsident Thomas Veitschegger.Renée Del Missier

Der Präsident des Apothekerverbands, Mag. Thomas Veitschegger, zieht durchwegs eine positive Bilanz der letzten Legislaturperiode, fordert jedoch eine bessere finanzielle Absicherung neuer Leistungen und setzt auf telemedizinische Angebote zur Stärkung der Gesundheitsversorgung. Lieferengpässe bleiben ein Problem, und das Impfen in Apotheken wartet weiter auf politische Umsetzung.

TARA24: Wie bewerten Sie die letzten fünf Jahre aus Sicht der Apothekerschaft?

Mag. Thomas Veitschegger: Als Apothekerschaft blicken wir auf sehr fordernde fünf Jahre zurück, in denen wir viel geschafft haben. Während der Pandemie haben wir unter Beweis gestellt, dass wir ein absolut verlässlicher Partner sind, wenn es um die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung geht. Dadurch ist es gelungen, die Bedeutung der Apotheken im Gesundheitssystem zu stärken. Die Apothekengesetz-Novelle ist Ausdruck dieser neuen Wahrnehmung von uns als Berufsstand. Sie bringt einige Verbesserungen für die Bevölkerung und unsere Betriebe – etwa die Flexibilisierung der Öffnungszeiten, die Möglichkeit Gesundheitstests anzubieten oder Vereinfachungen bei der Eröffnung von Filialapotheken. Natürlich sind jetzt weitere Schritte notwendig. Vor allem muss über die Finanzierung neuer Leistungen gesprochen werden. Für bestehende Angebote der Apotheken – allen voran die Bereitschaftsdienste – müssen ebenso Vergütungsmodelle entwickelt werden, die helfen, die immer schwieriger werdenden Rahmenbedingungen zu verbessern.

Bedauerlich ist, dass das Thema Impfen in der vergangenen Legislaturperiode nicht abschließend behandelt wurde.

Welche Erwartungen haben Sie an die neue Regierung in Bezug auf die Apothekengesetz-Novelle und die Gesundheitsversorgung?

Veitschegger: Kurz zusammengefasst: Die Apothekengesetz-Novelle hat den Apotheken neue Befugnisse eingeräumt. Ein wichtiger Schritt bei der Verbesserung der flächendeckenden Gesundheitsversorgung. Nun geht es darum, diese Leistungen wirtschaftlich abzusichern. Wenn Apotheken zur Prävention von Erkrankungen beitragen – etwa mit Gesundheitstests oder Medikationsanalysen – müssen diese Services entsprechend abgegolten werden. Zu einer besseren gesundheitlichen Versorgung können auch telemedizinische Angebote in Apotheken beitragen. Durch den niederschwelligen Zugang und die umfassenden Öffnungszeiten lässt sich so ein System etablieren, das die Verfügbarkeit gesundheitlicher Leistungen gerade in Randlagen verbessert. Die Apotheken sollen den Menschen helfen, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und sie zur richtigen Stelle vermitteln – lässt sich ein gesundheitliches Problem nicht an der Tara lösen, folgt das telemedizinische Arztgespräch oder in einem weiteren Schritt das Verweisen auf den niedergelassenen Bereich oder die Spitäler. So können wir Arztpraxen entlasten, unser System effizienter und günstiger gestalten und die Patientinnen und Patienten rascher zur benötigten Behandlung bringen. 

Wie bewerten Sie die bisherigen Maßnahmen gegen Lieferengpässe und welche weiteren Schritte sind notwendig, um die Grundversorgung mit Arzneimitteln zu sichern?

Veitschegger: Positiv ist, dass es gelungen ist, bei der Politik ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen. Denn so ehrlich muss man sein: Das Thema Lieferengpässe wird uns noch länger begleiten. Erste Maßnahmen wurden gesetzt, nun werden wir in den nächsten Monaten im Praxistest sehen, wie wirksam sie sind, um dafür zu sorgen, dass sich die Grundversorgung mit den wichtigsten Arzneimitteln verbessert. Was dabei allerdings nicht übersehen werden darf: Die Apothekerinnen und Apotheker sorgen mit ihrem Engagement dafür, dass die Menschen trotz Lieferengpässen zu ihren Medikamenten kommen. In über 95 Prozent der Fälle, gelingt es, Lösungen zu finden, wenn ein Arzneimittel nicht sofort abgegeben werden kann. Dafür wendet eine Apotheke durchschnittlich zwei Stunden pro Tag auf.

Klar ist bei dem Thema: Wir sprechen hier von einem globalen Problem, dem wir nicht alleine auf nationalstaatlicher Ebene begegnen können. Strategien auf österreichischer und auf EU-Ebene müssen ineinandergreifen, um die Arzneimittelproduktion in Europa zu stärken und auszubauen. 

Wie sehen Sie die Chancen, dass Impfungen in Apotheken in Zukunft politisch ermöglicht werden?

Veitschegger: Die Novellierung des Apothekengesetzes hat gezeigt, dass die Bedeutung der Apotheken für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung von der Politik nun stärker als früher wahrgenommen wird – ein Ergebnis der guten Performance der Apotheken während der Corona-Pandemie. Die Novelle schafft mehr Flexibilität für die Betriebe, die ohnehin mit einem hohen bürokratischen Druck zu kämpfen haben. 

Bedauerlich ist, dass sich das Thema Impfen nicht in der Gesetzesnovelle findet. Die Apothekerschaft steht bereit – es fehlt nur mehr der politische Wille. Aktuell haben schon weit über 2.000 Apothekerinnen und Apotheker eine Impf-Ausbildung absolviert. Angesichts der Vorteile für das Gesundheitssystem und zahlreicher internationaler Vorbilder sind wir jedoch überzeugt, dass diese Einsicht bei den politischen Entscheidungsträgern bald reifen wird. Wollen wir die Durchimpfungsraten in die Höhe bringen – etwa bei Grippe, FSME und Corona –, wird das nur gehen, wenn in den Apotheken Impfungen verabreicht werden dürfen. Bei Abgeltung der Leistung analog zum Modell von Ärztinnen und Ärzten.



Newsletter

Bleiben Sie stets informiert!