Neues Regierungsprogramm: Das betrifft die Apotheken 


von

Astrid Janovsky

Das Programm der zukünftigen Regierung steht und beschäftigt sich in großen Teilen mit apothekenrelevanten Themen.Peter Lechner/HBF

Gestern veröffentlichte die zukünftige schwarz-rot-pinke-Regierung ihr gemeinsames Regierungsprogramm. TARA24 hat in den 211 Seiten nachgesehen, welche Punkte für die Apotheken besondere Bedeutung haben könnten. Während vieles noch wenig greifbar formuliert ist, sticht ein zentraler Punkt ganz eindeutig hervor: Kein Rx-Versand durch Online-Apotheken. 

Vieles könnte sich unter der neuen Regierung im Gesundheitsbereich ändern – zumindest, wenn es nach den Absichten im neuen Regierungsprogramm geht. Und auch wenn die Apotheken praktisch gar nicht als Berufsgruppe erwähnt werden, finden sich doch zahlreich Punkte, die für sie direkt oder auch indirekt von Bedeutung sein könnten.  

Prävention als großes Thema

Insbesondere interessant für die Apotheken könnte der Punkt „Prävention“ werden. Folgendes ist hier aufgeführt (auszugsweise): 

  • Prävention und Gesundheitskompetenz weiterentwickeln. 
  • Präventionsleistungen in allen Lebenslagen massiv ausbauen (klare Zuständigkeiten und Finanzierungsverantwortlichkeiten). 
  • Umsetzung der Präventionsstrategie.
  • Gesundheitskompetenz adressieren. 
  • Frühversorgungs- und Früherkennungsprogramme. 
  • Impfangebot ausbauen: Alle Impfungen, die im nationalen Impfprogramm empfohlen werden, nach wissenschaftlicher Priorisierung kostenlos anbieten. 
  • Prävention soll gemeinschaftliche „Anstrengung“ werden – gemeinsamen rechtlichen Rahmen schaffen 
  • Eigenverantwortung in der Prävention fördern. 
  • Anreizmodelle für Prävention, insbesondere betriebliche Gesundheitsförderung. 

Bei vielen der genannten Punkte können Apotheken aktiv werden. Auch die Impfpläne würden sich mit Einbezug der Apotheken als niederschwelliger Anbieter besser in die Breite tragen lassen. Im Bereich „Digitalisierung“ will man nicht nur ELGA weiter ausbauen, sondern plant auch eine „Bessere Abstimmung zwischen Lieferengpass- und Exportverbotsregister von Medikamenten“. 

Kein Onlinehandel mit Rx

Besonders spannend wird es für Apotheken bei „Versorgungssicherheit im Arzneimittel-Bereich“: Hier ist die „Erarbeitung einer Life-Sciences-Strategie für den Pharma- und Gesundheitsstandort“ angeführt, ohne näher zu erläutern, was man sich darunter vorstellen darf. Wichtig für die Industrie wäre die angedachte „Planungssicherheit für Unternehmen durch dauerhafte Regelungen zur Preisgestaltung“. Darunter fallen unter anderem eine Verlängerung der Preisbildungs- und Preisbandregelung (Generika und 
Biosimilar) für die Dauer der Gesetzgebungsperiode sowie ein „EKO-light-Verfahren“ für Parallelimporte. Außerdem sollen Anreize für die EU-Produktion geschaffen werden.  

Ganz klar spricht sich die neue Regierung gegen einen Versand rezeptpflichtiger Arzneimittel durch Onlinehändler aus. Die Rezeptgebühren-Obergrenze soll zu einer Arzneikosten-Obergrenze weiterentwickelt werden. Verordnerinnen und Verordner will man zu einer ökonomischen Verschreibweise anhalten. Die von der Apothekerkammer geforderte Medikationsanlayse soll zumindest an der Schnittstelle intramurale/extramurale Versorgung erfolgen. Hierzu heißt es im Regierungsprogramm: „Verpflichtende Gesamtmedikationsanalyse bei Polypharmazie-Patientinnen und -Patienten vor Krankenhausentlassung durch klinische Pharmazeutinnen und Pharmazeuten und/oder Pharmakologinnen und Pharmakologen (beispielsweise eine Verankerung im Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KaKuG))“. 

Überraschungsei “digitale Barrierefreiheit”

Weiters soll es zukünftig eine Stelle für Heilbehelfe und Hilfsmittel geben. Ebenso will man sämtliche Bundesbeihilfen auf eine Stelle vereinen. Explizit erwähnt wird auch die „bauliche und digitale Barrierefreiheit“. Hier könnten sich unerwartete Schnittstellen zur Apotheke, jedenfalls aber zur Pharmaindustrie, auftun. Unter den digitalen Aspekt könnten hier beispielsweise Texte in einfacher Sprache fallen, die den Kundinnen und Kunden zur Verfügung gestellt werden müssen. In Arztpraxen soll ein Gebärdensprachdolmetsch eingesetzt werden. Um Wartezeiten bei den Ärzt:innen zu verkürzen, wird die „Einführung von Gesundheitslotsinnen und Gesundheitslotsen geprüft“. Hier würden sich die Apotheken als bestehende Struktur mit entsprechender Fachkompetenz anbieten.  

Weiters werden „Versorgungszentren/-netzwerke für chronische Krankheiten sowie psychosoziale Versorgung bedarfsorientiert auszubauen (z.B.: Diabeteszentren)“ erwähnt. Das lässt einen doch kurz aufhorchen, immerhin erfolgt eine Diabetes-Versorgung zumindest im Hilfsmittelbereich bereits über derartige Stellen. Welche Notwendigkeit könnte dahinterstecken, Chroniker, die in der Regel vom Hausarzt gecheckt werden, in eigene Zentren zu schicken – die gerade für die ländliche Bevölkerung vermutlich schwer zu erreich wären? Auch hier würden sich die Apotheken mit ihrer Kompetenz, PCR-Tests durchführen zu können, empfehlen.  

Entlastung der Ärzte

Generell finden sich viele Punkte, die für die Ärzteschaft Verbesserungen bedeuten: Entlastung der Praxen, einheitliche Leistungskataloge, Therapie- und Pflegepraxen (Gemeinschaftspraxis nicht-ärztlicher Gesundheitsberufe) insbesondere zur Entlastung ärztlicher Praxen oder attraktive Rahmenbedingungen zur Berufsausübung wie als Beispiel genannt „Innovation im Vertragswesen, etwa durch Abschluss eines neuen einheitlichen Leistungskatalogs und eines darauf aufbauenden Gesamtvertrags mit einer modernen Leistungsabgeltung sowie Reduktion von Bürokratie im Berufsalltag mit dem Ziel der Erleichterung von Dokumentationspflichten etwa durch die verbesserte Nutzung digitaler Möglichkeiten.“ 

Auch die PVZs bekommen im Regierungsprogramm Rückenwind mit der Erwähnung „Erleichterung bei der Errichtung eigener Einrichtungen der Sozialversicherung nach fachlichen und regionalen Erfordernissen.“ 

Weniger Teilzeit gewünscht?

Ebenfalls interessant: Die neue Regierung strebt offensichtlich ein höheres Beschäftigungsvolumen an. Gerade in Apotheken finden sich viele Teilzeitbedienstete. Unter dem Punkt „Teilzeit“ sieht das Übereinkommen Folgendes vor: 

  • Anreize setzen, damit das Beschäftigungsvolumen wächst: Gestaffelte Arbeitslosenversicherungsbeitrag überdenken. 
  • Prüfung der beitragsseitigen und leistungsseitigen Komponente. 
  • Verstärkte Möglichkeiten schaffen für den Wechsel von Teilzeit in Richtung Vollzeit. 
  • Überprüfung des Mehrarbeitszuschlags auf seine Wirkung. 
  • Kosten durch Aufstocken von Teilzeit auf Vollzeit – starre Einkommensgrenzen bei Sozialleistungen prüfen. 

Noch ist das Regierungsprogramm eine Summe von schwarzen Buchstaben auf weißem Grund, die sich über insgesamt 211 Seiten ziehen. Was davon tatsächlich umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls wird auch der Punkt „Finanzierung“ beim Gesundheitsbereich erwähnt. Hierzu sei der „Einsatz einer Expertengruppe zur Erarbeitung neuer Formen der Finanzierung“ geplant. 



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