Am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, beginnen die 16 Tage gegen Gewalt, die bis zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember andauern. Aus diesem Anlass ruft der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) dazu auf, Gewalt gegen Frauen konsequent zu bekämpfen und Diskriminierung, Ungleichheit sowie Machtmissbrauch entschieden entgegenzutreten. 26 Femizide allein im Jahr 2023 zeigen, wie dringlich Handlungsbedarf besteht.
Drei Frauen sterben monatlich durch Gewalt
In Österreich erlebt jede dritte Frau körperliche oder sexuelle Gewalt – das entspricht knapp 35 Prozent der weiblichen Bevölkerung ab 15 Jahren. Im Schnitt verlieren monatlich drei Frauen ihr Leben durch Gewalttaten.
„Körperliche und sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen sind erschütternd und nicht hinnehmbar. Frauenschutz muss über Schutzräume hinausgehen – wir brauchen präventive Maßnahmen, Aufklärung und vor allem: sichtbare Solidarität von Männern“, fordert BÖP-Präsidentin a.o. Univ.-Prof.in Dr.in Beate Wimmer-Puchinger.
Psychische Gewalt: Die unsichtbare Gefahr
Ein besonders unterschätzter Bereich ist die psychische Gewalt. Sie ist oft subtil und schwer nachweisbar, wird aber als häufigste Form von Gewalt angesehen. Betroffene leiden unter Manipulation, Erniedrigung oder Isolation – Erlebnisse, die langfristig schwere psychische und körperliche Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder posttraumatische Belastungsstörungen nach sich ziehen können.
„Psychische Gewalt hinterlässt keine sichtbaren Narben, verursacht aber massives Leid. Sie verdeutlicht, wie tief Gewalt gegen Frauen in sozialen und zwischenmenschlichen Strukturen verwurzelt ist. Studien zeigen, dass Frauen, die Gewalt erfahren, bis zu doppelt so häufig an Depressionen erkranken und ein erhöhtes Suchtrisiko haben“, erklärt Wimmer-Puchinger.
Gewalt als strukturelles Problem
Die Gewalt gegen Frauen ist kein Einzelfall, sondern Ausdruck eines tiefgreifenden gesellschaftlichen Problems. Patriarchale Machtstrukturen und soziale Ungleichheit tragen entscheidend dazu bei. Frauen sind häufig wirtschaftlich abhängig, was die Dynamik von Gewalt verstärkt. Ein Blick auf Länder wie Skandinavien zeigt, dass eine stärkere Gleichberechtigung und geringere geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede Gewalt präventiv reduzieren können.
Gemeinsamer Einsatz ist entscheidend
Der BÖP fordert eine klare politische und gesellschaftliche Antwort: Strukturelle Ungleichgewichte müssen beseitigt, finanzielle Abhängigkeiten reduziert und präventive Maßnahmen sowie psychologische Unterstützungsangebote ausgebaut werden. Insbesondere spezialisierte Beratungsangebote sind essenziell, um Betroffenen bei der Verarbeitung von Gewalterfahrungen zu helfen.
„Eine gewaltfreie Gesellschaft, in der Frauen gleichwertig und ohne Angst leben können, ist möglich – wenn alle zusammenarbeiten. Politik, Gesellschaft und besonders Männer müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen“, so Wimmer-Puchinger abschließend.