Apotheker verteidigen Gebietsschutz gegen Ärztebegehren 


von

Astrid Janovsky

und

Ulrike Krestel

Ärzte wollen Arzneimittel abgeben und dafür den Gebietsschutz der Apotheken aushebeln.AdobeStock_474515841/Dilok

Die Ärzteschaft fordert einen leichteren Zugang zu ärztlichen Hausapotheken und kritisiert in diesem Zusammenhang den Gebietsschutz. Dieser würde einer guten flächendeckenden Versorgung im Wege stehen. Die vorgebrachten Argumente sind fragwürdig, um nicht zu sagen fadenscheinig, kontert Mag. Monika Aichberger, Vizepräsidentin der Oberösterreichischen Apothekerkammer, auf Anfrage von TARA24. 

Die Oberösterreichische Ärztekammer fordert neue Regelungen für ärztliche Hausapotheken (wir haben berichtet). Dabei ist sie mit ihrer Argumentation durchaus kreativ. So wurde als Beispiel angeführt, dass ein/e Patient:in am Feiertag 45 Kilometer zur dienstbereiten Apotheke und wieder zurückfahren müsse. Im Umkehrschluss hieße das wohl, dass ärztliche Hausapotheken zukünftig rund um die Uhr erreichbar sein würden. Aktuelle sieht die Lage anders aus: Zahlreiche Arztpraxen haben ab Freitagnachmittag geschlossen, versehen wochentags gar keinen Bereitschaftsdienst und am Wochenende im Schnitt ein Mal pro Quartal – gegen eine finanzielle Abgeltung.

Nur vermeintlich kürzere Wege

Auch die Berechnung möglicher CO2-Einsparungen durch vermeintlich kürzere Wege fällt eher in den Bereich Greenwashing. „die erwähnte Erhöhung der CO2-Belastung ist mehr als fadenscheinig“, sagt Aichberger. „Wären die Ordinationen nicht auf der grünen Wiese (außerhalb der 6 km Grenze) sondern bei den Menschen (innerhalb der 6 km Grenze), könnte viel zur Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks beigetragen werden.“

Die Ärzteschaft analysierte, dass es 1998 knapp 1.000 öffentliche Apotheken und rund 1.100 ärztliche Hausapotheken gab. Aktuell stehen wir in Österreich bei 1.400 öffentlichen Apotheken und knapp 800 Hausapotheken. Während also 300 Hausapotheken verloren gingen, wurden 400 öffentliche Apotheken neu eröffnet. 

Die Rede ist hier von vollsortierten Arzneimittelabgabestellen mit:

  • (in der Regel) längeren Öffnungszeiten als Arztpraxen
  • einer ganzjährigen Betriebspflicht
  • keinem finanziellen Interessenskonflikt, welcher der Personalunion von Verordner und Dispensierer automatisch innewohnt. 

Gebietsschutz ermöglicht optimale flächenmäßige Verteilung

Weiters könne durch den „Gebietsschutz“ davon ausgegangen werden, dass die neu eröffneten Apotheken in einer guten flächenmäßigen Verteilung und nicht nur in den Ballungsräumen angesiedelt wurden.

Genau diese restriktive Einschränkung der Niederlassungsfreiheit kritisiert die Ärzteschaft als deren Nachteil. Was Aichberger nicht verstehen kann: „Die Aufhebung des „Gebietsschutzes“ kann ganz sicher die Probleme bei der flächendeckenden medizinischen Versorgung nicht lösen. Vielmehr garantiert die österreichische Gesetzeslage aber eine flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln über öffentliche Apotheken – basierend auf zu versorgenden Menschen. Dass vakante Hausapotheken-Kassenstellen leichter nachzubesetzen sind als Ordinationen ohne Zusatzverdienst durch die Medikamentenabgabe spricht für sich.  Der laute Ruf nach einer Entlastung der übervollen Ordinationen durch Arbeitsteilung zwischen Apotheker:innen und Ärzt:innen scheint allerdings hinter monetären Gründen zu verschallen.“

Pro Kopf mehr Apotheken als in Deutschland 

Auch den  zitierten Schlüssel von 1,6 öffentliche Apotheken je 10.000 Einwohner in Österreich und 2,2 öffentliche Apotheken je 10.000 Einwohner in Deutschland korrigiert Aichberger. „Es sei erwähnt, dass es in Deutschland pro Kopf weniger Apotheken gibt als bei uns, durch die Niederlassungsfreiheit die Versorgung insgesamt schlechter ist und die Bundesrepublik gänzlich ohne ärztliche Hausapotheken auskommt.“



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