Folge 4: Lieferdienst neu – Arzneimittel bis zur Haustüre durch die Vor-Ort-Apotheke


Mag. Viktor Hafner ist selbstständiger Apotheker in Wien und der Daniel Düsentrieb der Pharmabranche. Unter anderem hat er vor 10 Jahren die erste Apotheken-Facebook-Gruppe ins Leben gerufen und er war Pionier der Apotheken-Onlineshops. Sein jüngster Coup: Arzneimittel-Hauszustellung per Essenslieferdienst. Innerhalb von 2 Stunden ist das gewünschte Präparat aus der Apotheke beim Krankenbett. Schneller ist definitiv keiner.

Zusammenfassung

Die Offizin-Apotheke ist bei der Warenbereitstellung zweifelsfrei schneller als jeder Online-Versender. Was aber meist fehlt, ist die Zustellung auf der berühmten „letzten Meile“. Damit die Bequemlichkeit nicht die Kundschaft von der Apotheke zu den Großversendern abwandern lässt, sind findige Apothekerinnen und Apotheker auf der Suche nach neuen Lösungen. Mag. Viktor Hafner hat sie bereits gefunden.

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich der Apotheker aus dem 17. Wiener Bezirk konsequent den Ruf des „Apotheken-Revoluzzers“ erarbeitet – aber ein Revoluzzer im positiven Sinn. Die größte Apothekencommunity auf Facebook „Alles schläft, eine(r) wacht – ApothekerInnen im Nachtdienst“ wurde von ihm vor bereits 10 Jahren ins Leben gerufen. Und auch bei den Apotheken-Online-Shops war er früh vorne mit dabei. Dabei sieht er stets auch die Interessen der ganzen Apothekerschaft. Eine gemeinsame Click&Collect-Plattform fand weniger Anklang, da war Hafner vermutlich einfach seiner Zeit voraus.Sein (gratis zur Verfügung gestellter) Antibiotikarechner wurde dafür über die Landegrenzen hinaus begeistert verwendet.

Schnelligkeit und Service

Schnelligkeit ist das große Thema für Hafner. Für Highspeed am POS hat er einen Kommissionierer im Einsatz (den er gegen den mütterlichen Widerstand in den Familienbetrieb brachte), für den flotten Austausch in der Kolleg:innenschaft präferiert er Facebook gegenüber Email und für „die letzte Meile“, also die Strecke von der Apothekentürschwelle zur Kund:innen-Haustüre hat er drei Optionen, die den Kränkelnden den Weg in die Offizin ersparen.

Abholautomat von Deutschland abgeschaut

Bei der ersten Variante ist es aber tatsächlich nur der Schritt in die Apotheke, der wegfällt. Denn Hafner bietet die Möglichkeit, vorbestellte Produkte über einen straßenseits zugänglichen Abholautomat zu beziehen. Vorteil: die Unabhängigkeit von den Apothekenöffnungszeiten. So kann man sein Wärmepflaster, den Nasenspray oder auch das nicht lagernde Arzneimittel stressfrei am Weg zur oder von der Arbeit aus einem speziell zugewiesenen Fach abholen. Diese Idee hat Hafner von den deutschen Kollegen übernommen. Dort sind derartige Abholstationen schon länger im Einsatz.

Individuelle Raketenlieferung

Für die ganz Eiligen bietet Hafner seine „Rocket Delivery“. Diese, das sei vorweggeschickt, ist den Regularien des Versandhandels unterworfen und gilt somit (nebst anderen Auflagen) ausschließlich für rezeptfreie Produkte. Und die Rakete zündet nur bei Produkten, die in Hafners Apotheke vorrätig sind. Dann werden diese per externem Lieferdienst binnen zwei 2 Stunden via Auto oder Fahrrad zu ihrem Bestimmungsort gebracht.
Essensdienst bringt Gesundheit

Die zweite Zustelloption, die Hafner ausgetüftelt hat, erforderte mehr Koordination und Vorbereitungszeit. Dafür ist es eine, die – ganz Hafner-Style – ander Apotheken mit ins Boot holt. In der Corona-Pandemie kam die Idee auf, Essenslieferdienst auch für andere Warenzustellungen zu öffnen. Da dachte sich der gewitzte Apotheker „wenn man Blumen und Tankstellenartikel liefern kann, dann muss das auch mit Apothekenprodukten gehen“. Für eine flächendeckende Belieferung von Wien benötigte er aber kollegiale Unterstützung. Denn nur, wenn mehrere Apotheken an das System angebunden sind, kann die schnelle Zustellung innerhalb von 30 Minuten bewerkstelligt werden.

Apotheken-Netzwerk füttert Zustellboten

Rund 15 Apotheken sind derzeit mit dem Lieferdienst vernetzt. Hafner freut sich, wenn es mehr werden. „Je besser das Netz, umso besser die Leistung“ hofft er auf ein starkes Signal der Vor-Ort-Apotheken. Vorteil dieses System ist für die Apotheken, dass die gesamte Logistik vom Bestellvorgang bis zur Lieferung vom externen Dienstleister übernommen wird. Die Apotheke muss sich also weder um die Präsentation im Netz noch die Abwicklung der Bestellung kümmern. Lediglich die eventuell gewünschte Beratung findet dann durch die pharmazeutischen Fachkräfte der Apotheke statt. Trotzdem bedeutet es für die Apotheke im Gesamten gesehen, ein tolles Service bei wenig Aufwand bieten zu können. Dafür gibt es natürlich Abzüge bei der Marge. Und je nach Auftragswert kann für den Patienten eine kleine Liefergebühr anfallen. „Das ist aber für die Leute sekundär“, weiß Hafner. „Wichtig ist, dass sie ihre Medikamente schnell nach Hause bekommen.

Gemeinsam statt Einzelgänge

Kritisch sieht Hafner die Zusammenarbeit der stationären Apotheke mit großen Onlineportalen. „Da wird einmal abends eine Apotheke angefahren und von der aus dann ganz Wien beliefert.“ Das wäre gegen den Gedanken der flächendeckenden Arzneimittelversorgung – und deren Beibehalt ist Hafner wichtig.

Die nächsten Projekte hat Hafner auch bereits im Köcher. Stichwort: „Point of Care“. Aber das wird eine andere Geschichte sein. Oder eine andere Podcast-Folge.



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