Weil das nach Parallelimport-Richtlinie abzugebende Arzneimittel nicht abgegeben wurde, kassierte eine Apotheke eine Nullretaxation in Höhe von mehr als 4350 Euro. Und das, obwohl das parallel importierte Arzneimittel nur wenige Cent günstiger ist und gar nicht lieferbar war. „Die Vollretax ist unverhältnismäßig“, ärgert sich der Apotheker.
Verordnet war Jakavi (Ruxolitinib) zu 10 mg. Die Packung mit 56 Tabletten kostet knapp 4354,55 Euro. Weil gemäß Richtlinie ein Parallelimport hätte abgegeben werden müssen, kassierte die Apotheke eine Retaxation. „Es geht um eine Preisdifferenz von 45 Cent“, gibt der Apotheker zu bedenken. „Warum die Arzneispezialitäten komplett retaxiert werden, ist mir unklar.“

Vor allem, wenn bedacht wird, dass die Parallelimporte meist schlechter verfügbar sind. „Die Patienten kommen oft am letzten Drücker mit ihrem Rezept und brauchen ihr Medikament schnell. Das liegt zum Teil auch daran, dass die Krankenkassen die teuren Verschreibungen nur in bestimmten Abständen bewilligen.“
Chefarztbewilligung zählt nicht
Zum Thema Bewilligung heißt es bei den Apotheker:innen umdenken, denn bisher hatte der Chefarzt oder die Chefärztin immer das letzte Wort. „Mit der neuen Novelle wird er overruled und die von ihm genehmigten Arzneispezialitäten, die von den Apotheken richtig abgegeben wurden, werden von den Kassen nicht mehr akzeptiert, weil der günstigste Parallelimport abgegeben werden muss.“
Für die Apotheken ist die Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie nur mit großem Zeitaufwand zu stemmen. „In der Praxis an der Tara ist es ein mühsames Unterfangen, alle Importe miteinander zu vergleichen und dann noch zu schauen, welches überhaupt verfügbar ist“, gibt der Apotheker zu bedenken. Hinzukommen die derzeitigen Lieferschwierigkeiten. Da müsse erst recht auf einen anderen Parallelimport beziehungsweise das Original ausgewichen und zusätzlich der Krankenkasse belegt werden, dass wirklich an dem Tag kein anderes Medikament lieferbar war.
„Die Rezepte müssen ausgedruckt werden und der Beleg mit den nicht lieferbaren Parallelimporten an die Kassen weitergereicht werden. Das führt zu unnötiger und aufwendiger Bürokratie. Außerdem fehlt dann die Zeit für den Kunden an der Tara.“
Die gute Nachricht: Die Apotheke konnte die Nullretaxation abwenden. Mit Hilfe der Großhändler konnten die Nichtverfügbarkeiten der Parallelimporte belegt werden.