Die amtierende Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening bekam bei der letzten Mitgliederversammlung keine Mehrheit. Somit ist die deutsche Apothekerschaft vorübergehend ohne Führungsspitze. Die Situation ist nicht nur wegen des bevorstehenden Wahlkampfes um eine neue Regierung pikant.
Die politische Vertretung der deutschen Apotheken ist recht kompliziert geregelt. Grundsätzlich kocht jede Landesapothekerkammer ihr eigenes Süppchen und die Landesapothekerverbände haben auch ein gewichtiges Wort mitzureden. Über allen Kammern und Verbänden steht als Vertretung gegenüber der Bundesregierung und anderen offiziellen Stellen die Abda. Deren Vorsitzende Gabriele Overwiening stellte sich nun bei der Mitgliederversammlung der Wiederwahl – und erlebte eine noch nie dagewesene Niederlage. Bislang war es gute Gepflogenheit gewesen, einem Kandidaten, der nicht mehrheitsfähig war, dies im Vorfeld mitzuteilen. Warum man Overwiening quasi ins offene Messer laufen hat lassen, ist nicht bekannt.
Die Abwahl wird nicht nur als persönliche Niederlage der Präsidentin, sondern der ganzen Vertretung gedeutet. Die Abda war seit Längerem weniger durch ein entschlossenes Auftreten als mehr durch diplomatische Zurückhaltung aufgefallen. Bei den in den letzten beiden Jahren immer wieder im gesamten Bundesgebiet durchgeführten Apothekendemonstrationen und Großprotesten war Overwiening nie in Erscheinung getreten. Und das alles vor dem Hintergrund der zunehmenden Apothekenschließungen. Alleine im ersten Halbjahr 2024 waren 283 Apotheken von der Landkarte verschwunden.
Besonders prekär: Die scheidende Präsidentin hinterlässt ein Macht-Vakuum. Aktuell gibt es niemanden, der ihren Platz übernehmen könnte. Dies resultiert auch daraus, dass sich Overwiening häufig als einziger Gesprächspartner der Politik positioniert hatte. Damit befindet sich die deutsche Apothekerschaft in einer kritischen Situation: im März sind Neuwahlen der Bundesregierung geplant. Ein Zeitpunkt also, an dem sich die Interessenvertretung mit ihren Forderungen in Stellung bringen sollte.