Der Gesundheits-Nachrichtendienst BMJ veröffentlichte eine Untersuchung, in der Pharmaunternehmen zwischen 2015 und 2022 schätzungsweise 156 Millionen Pfund an NHS Trusts* in England gezahlt hätten, ohne dass die Öffentlichkeit über den Zweck dieser Zahlungen informiert wurde. Die Ergebnisse werfen Fragen über unerkannte Interessenkonflikte auf. Neue Forderungen nach einer Überarbeitung der aktuellen Transparenzvorschriften wurden laut.
Das BMJ verfolgte alle offengelegten, nicht forschungsbezogenen Zahlungen an NHS Trusts in England von 2015 bis 2022 und meldete sie in Disclosure UK, einer Datenbank der Association of the British Pharmaceutical Industry (ABPI), die von den teilnehmenden Unternehmen die Offenlegung von Barzahlungen und anderen Sachleistungen an Angehörige der Gesundheitsberufe und Gesundheitsorganisationen verlangt.
156 Mio. Pfund ungeklärt
Insgesamt wurden 58.302 Zahlungen im Wert von 156.882.790 £ an 217 NHS Trusts geleistet. Diese machen ein Fünftel des Wertes aller finanziellen Zuwendungen an in der Datenbank aufgeführte Gesundheitsorganisationen aus, wie etwa Allgemeinarztpraxen, Auftraggeber, Berufsverbände und medizinische Fakultäten.
Die zehn höchsten Geldflüsse beliefen sich auf 6.237.936 £ und gingen vorwiegend an Universitätskliniken. Die meisten Zahlungen waren relativ gering, 94 Prozent der Transaktionen lagen unter 10.000 £. Das BMJ wandte sich an die Empfänger, um weitere Einzelheiten zu erfahren, doch nur wenige konnten den Zweck dieser Zahlungen erklären. Einige Trusts gaben an, Fehler in den Daten gefunden zu haben, wollten jedoch keine weiteren Einzelheiten liefern.
Rendite erwartet?
Margaret McCartney, Allgemeinmedizinerin und Aktivistin für Transparenz, stellt die Frage, ob es „im Interesse der Patienten und der Öffentlichkeit ist, dass zwischen der Pharmaindustrie und dem NHS solch massive Werttransfers stattfinden. Wenn Unternehmen über 156 Millionen Pfund ausgeben, tun sie das nicht aus reiner Herzensgüte, sondern weil sie eine Art Rendite für ihre Investitionen erwarten.”
Ein Sprecher des Ministeriums für Gesundheit und Soziales (DHSC) sagte, man habe mit Gesundheitsdienstleistern an aktualisierten Leitlinien zu potenziellen Interessenkonflikten von Ärzt:innen gearbeitet und um Meinungen zu vorgeschlagenen verpflichtenden Zahlungsberichten gebeten.
*NHS Trusts sind Organisationseinheiten innerhalb der National Health Services von England und Wales, die meist entweder einer Region oder einer speziellen Funktion zugeordnet sind.
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