Apothekenreform: Deutsche Apotheken laufen Sturm


von

Astrid Janovsky

Im Entwurf der Apothekenreform sind zahlreiche vermeintlich kleine Eingriffe vorgesehen, die das System Apotheke, wie wir es heute kennen, auf den Kopf stellen.Foto: APOTHEKE ADHOC

Kaum ist der Referentenentwurf des deutschen Gesundheitsministers Karl Lauterbach bekannt geworden, hagelt es Protest und Kritik von allen Seiten der Apothekerschaft. Besonders bedauerlich: Zu keiner Zeit wurde von Regierungsseite das Gespräch mit den Apotheken gesucht. Das Sterben der Apotheken setzt sich unvermindert fort.

Bis zuletzt hofften die deutschen Apotheken, im Ministerium ein Umdenken erzeugen zu können. Mehrere tausend Apothekenmitarbeitende hatten deshalb im letzten Jahr sogar die Arbeit niedergelegt und Protestkundgebungen veranstaltet. Doch diese blieben genauso ungehört wie die zahlreiche Unterstützung von Seite der Apothekenkunden. Die durften nämlich auf Postkarten oder direkt im Internet ihre Liebe zur Vor-Ort-Apotheke schriftlich kundtun.

Minister verkündet über Zeitung

Was an der ministerialen Veröffentlichung vor allem den Standesvertretungen sauer aufstößt: Die Regierung hat zu keinem Zeitpunkt das Gespräch mit den Apotheken aufgenommen. Von einem Versuch kann keine Rede sein. Auch die Information über die geplanten Änderungen wurde nicht, wie in der Politik üblich, zunächst an die Standesvertretungen und dann an die Medien weitergegeben. Lauterbach wählte, wie schon in der Vergangenheit, die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) als Sprachrohr für seine Verkündungen. Da durften es dann die Verbände und ihre Mitglieder lesen. Überraschung!

ABDA-Präsidentin ist „bestürzt“

Die Reform selbst wird in ihren Inhalten zumindest von der ABDA, dem Dachverband der deutschen Apotheken, komplett abgelehnt. In einem Schreiben der Präsidentin Gabriele Overwiening finden sich Worte wie „bestürzt“, „Tabubruch“ und „Ohrfeige für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Apotheke“.

Sie sieht in dem Entwurf eine „Zerstörung der heilberuflich geführten Apotheke vor Ort“ und „ein Gesetz, das den Beruf der Apothekerin und des Apothekers abschafft“. Overwiening kündigt Maßnahmen an und ruft gleichzeitig alle Apotheken auf, die Probleme des Gesetzesentwurfs und deren Konsequenzen in der breiten Bevölkerung publik zu machen sowie auf lokaler Ebene politische Unterstützung einzuholen.

Apothekensterben geht weiter

In den Apotheken selbst ist große Verunsicherung zu spüren. Ein Beispiel: Der junge Apotheker Mazen Ballan, Vater von 2 kleinen Kindern, leitet seit einigen Jahren eine Filialapotheke in Süddeutschland und hat gerade einen Vorvertrag zur Übernahme einer Apotheke mit Kaufoption unterschrieben. „Ich weiß aber nicht, ob ich das bei der aktuellen Entwicklung wirklich wagen soll. Da bleibe ich dann doch lieber angestellt als selbstständig.“

Aber auch die angestellten Apothekerinnen, Apotheker, PTA und PKA fürchten um ihre berufliche Zukunft. In Deutschland ist seit Jahren ein Apothekensterben sichtbar. 2021 stellten knapp 300 Apotheken den Betrieb ein. 2022 waren es bereits knapp 400. Im letzten Jahr wurde ein Rekordhoch von mehr als 500 Apothekenschließungen bei einem Rekordtief von gesamt 17.571 Apotheken vermeldet. Zum Vergleich: Bis 2011 lag die Zahl sehr konstant bei etwas mehr als 21.000. Ab 2012 begann dann der immer rasanter abfallende Apothekenschwund.



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