Die Anzahl der Zoonoseerreger in Österreich ist im Zunehmen. Das zeigt eine Analyse von Komplexitätsforscher:innen vom Complexity Science Hub (CSH) in Wien, die Daten im Zeitraum von 1975 bis 2022 ausgewertet haben. Ziel der Studie war es, die zoonotischen Schnittstellen in Österreich zu charakterisieren und zu visualisieren. Die Arbeit wurde kürzlich im Journal “Nature Communications” veröffentlicht. Ergänzend wurde eine interaktive Landkarte erstellt, die das Zoonose-Aufkommen in Österreich abbildet.
Von den insgesamt 197 Zoonoseerregern, die zwischen 1975 und 2022 identifiziert wurden, konnten 187 in insgesamt 155 verschiedenen Wirbeltierwirten in Österreich nachgewiesen werden. Elf Erreger wurden in Sandkisten und 15 in Lebensmitteln gefunden. Vor allem in Fleischprodukten fanden sich mehrere Erreger. Bei den Überträgern – oder Vektoren – hatten Zecken in der unrühmlichen Statistik die Nase vorn. Allein in den letzten zwei Jahrzehnten ist das Erreger-Pool hierzulande größer geworden. So kamen in diesem Zeitraum acht neue Zoonoseerreger dazu.
Bekannte Neuankömmlinge sind etwa das West-Nil-Virus, das 2016 erstmals detektiert wurde, sowie das Usutu-Virus, das man 2001 erstmals nachwies. “Beide Erreger kommen hauptsächlich in Vögeln vor, können aber durch Mückenstiche auf den Menschen übertragen werden und wurden beide auch bereits in Pferden nachgewiesen”, heißt es. Im Schnitt tritt in Österreich in etwa alle sechs Jahre eine neue Zoonose auf, schreiben die Autoren in ihrer Arbeit.
Laut Forscher:innen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wo und wie solche Erreger zwischen den Spezies übertragen werden können. Daher betrachtet man diese Entwicklungen zunehmend unter dem “One Health”-Ansatz, wobei davon ausgegangen wird, dass Menschen- und Tiergesundheit im Grunde genommen nicht wirklich zu trennen sind, da es sehr viele Überschneidungen gibt. So habe man es mit einem hochkomplexen System zu tun, das Menschen, Tiere und Lebensmittel umfasst. Zahlreiche Krankheitsüberträger wie Gelsen oder Zecken spielen dabei eine entscheidende Rolle, da die meisten Zoonoseerreger sowohl Menschen als auch verschiedene Tierarten infizieren können.
Risiko Mensch-Rind und Mensch-Lebensmittel
Die Netzwerkanalyse der Forscher:innen zeigt weiters ein erhöhtes Risiko der Übertragung von Zoonoseerregern an den Schnittstellen Mensch-Rind und Mensch-Lebensmittel. Hühner, Schafe und manche Fleischprodukte spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, da sie mehrere Krankheitsquellen tragen und übertragen können. Die meisten Zoonoseerreger werden von Menschen und ihren vielen Haus- und Nutztieren in Österreich geteilt.
SARS-CoV-2 außen vor
Die Autor:innen wollen mit ihrer online verfügbaren Karte “aufklären und Neugierde wecken”. Die neuen Daten könnten in Überwachungsprogrammen für Zoonosen als Risikoindikatoren dienen. Dennoch gibt es viel Nachholbedarf bei der Datenverfügbarkeit und Bewusstseinsbildung über Zoonosen. So werde das SARS-CoV-2-Virus in einschlägigen Publikationen selten als Zoonose bezeichnet.
A One Health framework for exploring zoonotic interactions demonstrated through a case study