Paracetamol verringert Gehirnleistung


von

Katharina Brand

PCM reduziert die kognitiven Fähigkeiten, Ibuprofen kann sie verstärken.AdobeStock_136021463/Mara Zemgaliete

Viele Medikamente beeinflussen – oft unbemerkt – unser Denken. Manche schärfen die Kognition, andere bremsen sie. Doch welche Wirkstoffe haben welche Effekte? Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer aktuellen Studie untersucht und den „kognitiven Fußabdruck“ gängiger Medikamente erstmals quantifiziert.

Um den Zusammenhang zwischen der Medikamenteneinnahme und kognitiven Funktionen zu untersuchen, analysierten die Wissenschaftler:innen Daten aus drei großen Kohortenstudien: der UK Biobank mit 502.492 Teilnehmenden, der EPIC-Norfolk-Studie mit 8623 kognitiv getesteten Personen und der Caerphilly Prospective Study mit rund 3000 männlichen Teilnehmenden. Dabei wurden kognitive Fähigkeiten wie Verarbeitungsgeschwindigkeit, Gedächtnis sowie verbale und numerische Intelligenz in den Fokus der Untersuchung gerückt. Das Ziel war es, sowohl die individuellen Effekte zu messen als auch den Einfluss auf Bevölkerungsebene zu quantifizieren.

Benzodiazepine besonders problematisch

Die Ergebnisse zeigen, dass einige Arzneimittel mit kognitivem Abbau assoziiert werden können. Besonders problematisch sind laut den Forschenden Benzodiazepine wie Diazepam und Zopiclon, die die Verarbeitungsgeschwindigkeit und Gedächtnisleistung signifikant verschlechtern. Auch selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie Sertralin, Paroxetin und Fluoxetin wirken sich nachweislich negativ auf die verbale und numerische Intelligenz aus. Dies gilt auch für trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin sowie Opioide wie Dihydrocodein und Codein.

Überraschung: PCM und PPIs mit negativem Einfluss

PPI, wie Lansoprazol und Omeprazol, wird anhand der Ergebnisse eine negative Korrelation mit der kognitiven Leistungsfähigkeit zugeschrieben. Auch Insulin und einige Antidiabetika könnten sich negativ auf kognitive Prozesse auswirken.

Besonders auffällig in der Untersuchung war jedoch Paracetamol, das in mehreren kognitiven Bereichen mit schlechteren Ergebnissen assoziiert war: „Die Daten zeigen eine konsistente Korrelation zwischen Paracetamolkonsum und verminderter kognitiver Leistung in mehreren Tests“, betonen die Forschenden in den Ergebnissen der Studie.

Ibuprofen fördert Reaktionsfähigkeit

Neben diesen Negativbeispielen zeigte eine Reihe von Wirkstoffen aber auch potenziell positive Effekte. Nichtsteroidale Antirheumatika wie Ibuprofen, Naproxen und Diclofenac könnten sich laut den Wissenschaftler:innen positiv auf die Verarbeitungsgeschwindigkeit und das Gedächtnis auswirken. Insbesondere Ibuprofen wurde mit schnelleren Reaktionszeiten und besserer numerischer Gedächtnisleistung in Verbindung gebracht. Auch das Chondroprotektivum Glucosamin zeigte eine positive Korrelation mit verbaler und numerischer Intelligenz. Darüber hinaus wiesen einige Antihistaminika wie Loratadin leichte kognitive Vorteile auf.

Erhebliche Auswirkungen

Die Forschenden betonen die gesellschaftliche Relevanz dieser Ergebnisse: „Selbst geringe Effektgrößen können aufgrund der weiten Verbreitung bestimmter Medikamente erhebliche Auswirkungen auf Bevölkerungsebene haben.“ Sie plädieren daher für eine stärkere Berücksichtigung kognitiver Nebenwirkungen in klinischen Studien, Verschreibungsrichtlinien und der Pharmakovigilanz. Eine routinemäßige Erfassung dieser Effekte könnte dazu beitragen, unerwünschte Auswirkungen frühzeitig zu erkennen und fundierte Therapieentscheidungen zu ermöglichen.

Die Studie ist unter dem Titel „The Cognitive Footprint of Medication Use“ in der Fachzeitschrift „Brain and Behavior“ online erschienen. Daran beteiligt waren Forschende der Universidad Politécnica de Madrid, des University College London (UCL), der University of Greenwich und der London School of Economics and Political Science (LSE).

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