Neuer Trend „Langlebigkeit“ erfordert neuen Lebensstil


von

Astrid Janovsky

Altern könnte zukünftig als Krankheit angesehen werden, meint Prof. Siegfried Meryn.Foto: Astrid Janovsky

Longevity, zu Deutsch „Langlebigkeit“, ist mehr als nur ein Gesundheitstrend. Das Streben nach längerem Leben, aber vor allem nach mehr Lebensjahren in Gesundheit, ist das neue Statussymbol der Elite. Diese definiert sich aber nicht vorrangig durch ihr Einkommen, sondern durch den Bildungsstatus. Beim 4gamechangers-Festival 2024 in Wien diskutierten Experten verschiedene Perspektiven zu diesem Thema.

Tablette schlägt Lifestyle – noch

Prim. Doz. Dr. Arschang Valipour, MD, Leiter der Abteilung für Atemwegs- und Intensivmedizin an der Klinik Floridsdorf, sprach sich daher für ein höheres Investment in Bildung und Empowerment des Individuums aus. Aktuell resultiert die stetig steigende Lebenserwartung aus dem Fortschritt der Pharmaindustrie. Die Einnahme von Medikamenten hat nach Valipour eine größere Akzeptanz in der Bevölkerung als die Änderung des Lebensstils. Dabei ist mittlerweile bekannt, dass der Lebensstil zu etwa 90 Prozent über unseren Gesundheitsstatus entscheidet. Die genetische Komponente liegt gerade einmal bei 10 Prozent.

Sitzen ist das neue Rauchen

Prim. Doz. Dr. Arschang Valipour am 4gamechangers-Festival

Dabei kommt der Bewegung ein großer Stellenwert zu. „Sitzen ist das neue Rauchen“, so Valipour. Er betonte aber auch die Bedeutung von sozialer Interaktion. Eine zunehmende Vereinsamung steht im Gegensatz zu einem steigenden Gesundheitsbewusstsein. Auch hier müsse man ansetzen und etwa zu einer besseren Vernetzung in Altersheimen aufrufen.

Länger weniger arbeiten

Der Grundstein zu Longevity wird aber bereits früher gelegt. Prof. Christoph Bock, Principal Investigator am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, wertet Longevity als das neue Statussymbol der Elite. „Wer erfolgreich ist, der ist auch gesund.“
Als eine Möglichkeit, dem Gesundheitsbewusstsein entgegenzukommen und gleichzeitig die Vereinsamung im Alter zu reduzieren, sieht er ein längeres Berufsleben mit geringerer Arbeitsleistung. Man solle also später in Pension gehen, dafür die Arbeitszeit auch in frühen Berufsjahren reduzieren.

Prof. Dr. Sigfried Meryn vertrat die Hypothese, dass Altern zukünftig sogar als Krankheit angesehen werden könnte. Hier werde es seiner Einschätzung nach ein ähnliches Umdenken in der Medizin geben, wie es bereits bei Osteoporose und jüngst bei Adipositas der Fall war. Der Verlust der Knochendichte war lange als Alterserscheinung eingestuft worden. Ein zu hohes Körpergewicht hatte als Versagen im Lebensstil gegolten. Mittlerweile sind beides medizinische Indikationen.

Die Theorie, dass der Mensch lieber mit Hilfe der Pharmazie gesund bleibt als durch eigene Anstrengung, verfolgt auch Sven Bulterijs von der Ghent University. Er forscht im Bereich Langlebigkeit durch medikamentöse Unterstützung. Sein Ansatz klingt durchaus logisch: bislang wird jede Erkrankung einzeln behandelt und therapiert. Im Alter treten aber viele unterschiedliche Krankheiten auf, die dieselbe Ursache haben: den alternden Organismus.

Genmodifikation im Tierexperiment

Spannende Ergebnisse konnten bereits in Tierexperimenten erzielt werden. Durch den Austausch eines einzigen Gens erreichten Würmer eine doppelt so lange Lebensspanne. Bei Mäusen war eine Verlängerung um immerhin 50 Prozent zu erreichen. Diese Genmodifikation ist bei Menschen aber noch nicht realisierbar. Sven Bulterijs forscht jedoch bereits an einem Medikament zur Verbesserung der Longevity. Dieses befindet sich aktuell in klinischen Studien und könnte in etwa 15 Jahren den Markteintritt schaffen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Longevity einer der großen Gesundheitstrends der kommenden Jahre sein wird. Lebensstil – in speziellem Maße „Biohacking“ – und, dem vorausgehend, Bildung und Bewusstsein der Bevölkerung stellen dafür einen wichtigen Erfolgsfaktor dar.

4gamechangerfestival in Wien von 14. bis 16.05.2024



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