Kommt nach der “Abnehmspritze” die “Abnehmpille”? Lilly hat mit seinem neuartigen oralen GLP-1-Rezeptoragonisten Orforglipron in der ersten Phase-3-Studie vielversprechende Ergebnisse erzielt. Der Wirkstoff führte sowohl zu einer signifikanten Senkung des HbA1c-Wertes als auch zu einer deutlichen Gewichtsreduktion.
Die vollständigen Ergebnisse der ersten Phase-3-Studie „ACHIEVE-1“ zu Orforglipron sollen bereits im Juni auf den 85. Scientific Sessions der American Diabetes Association (ADA) vorgestellt und anschließend in einer Fachzeitschrift veröffentlicht werden.
Orforglipron ist ein nicht-peptidischer Glucagon-like Peptid-1-(GLP-1)-Rezeptoragonist und wird einmal täglich oral eingenommen. Die Orforglipron-haltige Tablette besitzt einen klaren Vorteil gegenüber dem bereits zugelassenen oralen GLP-1-Agonisten Semaglutid (Rybelsus, Novo Nordisk). Semaglutid muss nüchtern und 30 Minuten vor der ersten Nahrungszufuhr eingenommen werden. Der neue Wirkstoff kann hingegen unabhängig von Mahlzeiten und Wasseraufnahme angewendet werden.
Gute Ergebnisse bei Typ-2-Diabetes
In der Studie „ACHIEVE-1“ wurden 559 Patient:innen mit Typ-2-Diabetes über 40 Wochen mit entweder 3, 12 oder 36 Milligramm Orforglipron oder Placebo behandelt. Der durchschnittliche Ausgangs-HbA1c betrug 8,0 Prozent. Die Senkung reichte von 1,3 Prozentpunkten (3 mg) bis 1,6 Punkten (12 mg), verglichen mit 0,1 unter Placebo – alle Reduktionen waren statistisch signifikant. Mehr als 65 Prozent der Patienten mit der höchsten Dosis erreichten einen HbA1c-Wert von 6,5 Prozent oder darunter.
Auch beim Körpergewicht sprachen die Ergebnisse für sich: Die Gewichtsreduktion betrug je nach Dosis 4,7 bis 7,9 Prozent, während sie unter Placebo lediglich 1,6 Prozent betrug. In absoluten Zahlen entsprach das einem Gewichtsverlust von 4,4 bis 7,3 kg versus 1,3 kg mit Placebo. Lilly betont, dass hier womöglich noch Luft nach oben sei: „Es scheint, dass der vollständige Gewichtsverlust noch nicht erreicht wurde.“
Nebenwirkunsprofil ähnlich Semaglutid
Die häufigsten Nebenwirkungen entsprachen dem bekannten Profil von GLP-1-Rezeptoragonisten. Dazu gehörten gastrointestinale Beschwerden, insbesondere Durchfall (bis zu 26 Prozent), Übelkeit (bis zu 18 Prozent) und Erbrechen (bis zu 14 Prozent) – verglichen mit deutlich geringeren Raten unter Placebo. Die Abbruchrate aufgrund unerwünschter Ereignisse lag bei bis zu 8 Prozent. „Das Nebenwirkungsprofil war gastrointestinal ähnlich wie bei Semaglutid, aber mit Durchfall an erster Stelle. Erbrechen wurde seltener berichtet als bei Semaglutid“, so die Forschenden. Hinweise auf lebertoxische Wirkungen konnten nicht festgestellt werden.
Auch Professor Naveed Sattar, Kardiometaboliker an der University of Glasgow, zeigte sich in einem Statement gegenüber dem UK Science Media Centre optimistisch: „Das sind wichtige Ergebnisse. Neue orale Wirkstoffe, die sowohl den Blutzucker als auch das Gewicht deutlich stärker senken als die meisten bestehenden Diabetesmedikamente, sind entscheidend für die zukünftige Versorgung bei Typ-2-Diabetes.“
Weitere Studienergebnisse erwartet
Sattar wies jedoch auch auf offene Fragen hin: „Ein Vorbehalt ist, dass wir noch nicht wissen, wie sich diese neue Therapie auf kardiovaskuläre Ereignisse auswirkt – das werden zukünftige Studien zeigen. Es ist auch erfreulich, von einem günstigen Sicherheitsprofil zu hören, insbesondere im Hinblick auf die Leber. Es wird spannend, die vollständigen Daten zu sehen.“
Die Phase-3-Studie „ACHIEVE-1“ ist Teil eines umfassenden Entwicklungsprogramms mit insgesamt sieben Studien. Weitere Ergebnisse, insbesondere zur Gewichtsreduktion aus dem „ATTAIN“-Programm, werden im Laufe des Jahres 2025 erwartet. Laut Lilly soll der Antrag auf Zulassung zur Gewichtskontrolle noch 2025 bei globalen Behörden eingereicht werden. Die Zulassung für Typ-2-Diabetes ist für 2026 geplant.
Das Unternehmen äußerte sich zuversichtlich, die weltweite Einführung ohne Lieferengpässe realisieren zu können. Zum Preis gibt es noch keine Informationen.
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