MS: höheres Risiko für Depressionen und metabolisches Syndrom


von

Astrid Janovsky

Ein Drittel aller MS-Patient:innen nimmt Psychopharmaka ein.AdobeStock_473759987-/nndanko

Ein Drittel aller MS-Patient:innen entwickelt eine Depression, jede:r vierte ein metabolisches Syndrom. Der Einsatz immunsupprimierender Wirkstoffe erhöht außerdem das Risiko für infektiöse Erkrankungen wie bakterielle oder parasitische Besiedelungen.

Die Prognose der Multiplen Sklerose (MS) hat sich in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch gewandelt. Eine frühere Diagnose, raschere Behandlung und neue Wirkstoffe sind Faktoren, die Betroffenen ein längeres Leben mit geringerer Beeinträchtigung ermöglichen. Gleichzeitig hat sich das Verständnis für die Bedürfnisse von MS-Patienten weiterentwickelt: Ein zunehmendes Alter und mögliche Begleiterkrankungen nehmen mittlerweile größere Rollen in der Therapie ein.

Häufigste Begleiterkrankung: Depression

Die häufigste Begleiterkrankung von MS, die möglichst früh erkannt und behandelt werden sollte, ist die Depression. Dies zeigte eine aktuelle Analyse deutscher Patient:innen. Besonders oft waren hiervon Personen mit sekundär-progressiver MS (SPMS, 44 %) betroffen. Aber auch etwa jede:r dritte Patient:in mit schubförmig-remittierender MS (RRMS, 35 P%) oder primär-progressiver MS (PPMS, 37 %) litt an depressiven Symptomen. Eine österreichische Studie bestätigte diese Zahlen anhand von 1.200 Personen mit MS ab 55 Jahren, von denen 31 Prozent der Männer und 39 Prozent der Frauen mit Antipsychotika oder Antidepressiva behandelt wurden. 

Neigung zu metabolischem Syndrom

Auch das metabolische Syndrom (MetS) tritt häufig auf und betrifft etwa jeden vierten Menschen (27 %) mit MS. MetS umfasst mehrere gesundheitliche Probleme: Zentral sind Adipositas, speziell in der Bauchregion (abdominelle Adipositas), Insulinresistenz, ein gestörter Fettstoffwechsel (mit erhöhten Blutfettwerten) und Bluthochdruck. Diese vier Faktoren tragen auch zu den chronischen Entzündungsprozessen im Körper bei und können so nachteilig in den Krankheitsverlauf der MS eingreifen. Eine neue Studie mit 84 Patient:innen berichtete, dass Menschen mit sekundär-progressiver MS häufiger an MetS litten. Zudem hatten Personen mit MetS ein höheres Risiko, dass sich ihr Behinderungsgrad (EDSS) über einen Zeitraum von drei Jahren verschlechterte, unabhängig von der Krankheitsaktivität. 

Entzündungen fördern kardiovaskuläre Erkrankungen

Eine hohe Rate an Stoffwechselstörungen sowie die chronischen Entzündungsprozesse der MS können aber auch das Risiko für weitere, beispielsweise kardiovaskuläre Erkrankungen erhöhen. Eine effektive Therapie auch zur Vorbeugung häufiger Komorbiditäten ist daher wichtig. Kommen immunsupprimierende Wirkstoffe bei der MS zum Einsatz, kann dies zu einer höheren Rate infektiöser Erkrankungen führen. Eine Analyse in Deutschland fand, dass besonders oft bakterielle oder parasitische Infektionen (2,3 pro 100 Personenjahre) oder Infektionen des Harn- und Geschlechtsbereichs (1,9 pro 100 Personenjahre) auftraten. Atemwegsinfekte hingegen kamen bei MS-Patienten (2,0 pro 100 Patientenjahre) und Patienten ohne MS (1,5 pro 100 Patientenjahre) ähnlich häufig vor. In solchen Fällen kann eine Therapieanpassung auf eine immunmodulatorische Behandlung statt der Immunsuppression eine Option darstellen.

Positiver Einfluss durch Gewichtsverlust

Das Körpergewicht spielt demnach eine Rolle sowohl bei der Entwicklung einer MS nach Auftreten eines ersten klinischen Schubs als auch im weiteren Verlauf der Erkrankung. Überschüssige Kilos zu verlieren könnte demnach bei der MS eine Möglichkeit darstellen, aktiv auf die Erkrankung einzuwirken. Die Behandlung bei Multipler Sklerose involviert folglich eine Reihe verschiedener Fachrichtungen. Wichtig ist dabei vor allem die gute Zusammenarbeit zwischen Patient:innen und allen Behandler:innen – werden Risikofaktoren im Blick behalten und Begleiterkrankungen, auch mit Hilfe einer optimalen Therapie, weitgehend vermieden, unterstützt dies ein gutes Leben trotz MS.  

Multiple sclerosis in the elderly: a retrospective cohort study

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