Mäuse leisten Erste Hilfe


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Redaktion

Sieht eine Maus einen leblosen Kumpel, eilt sie zur Ersten Hilfe.AdobeStock_22367100/Melinda Fawver

Nagetiere führen bei bewusstlosen Artgenossen eine Art Wiederbelebung durch. Das haben Forschende nun bestätigt. Voraussetzung dafür: Es muss eine emotionale Bindung zu dem leblosen Tier bestehen. Oxytocin ist der Schlüssel zum Ersthelfer-Verhalten.

In Notsituationen zeigen Menschen gegenüber anderen oft instinktives „Erste-Hilfe“-Verhalten. Ob und wie andere Arten prosoziales Verhalten gegenüber anderen äußern, war bisher unklar. Anekdotische Beobachtungen verschiedener Tierarten in freier Wildbahn haben Verhaltensweisen gegenüber Artgenossen dokumentiert, die aufgrund von Krankheit, Verletzung oder Tod zusammengebrochen sind. Ein wissenschaftlicher Artikel im Fachmagazin Science bestätigt nun das “Helfer”-Gebahren.

Berührungen, Schläge und Freihalten der Atemwege

Zwei unabhängigen Studien hätten gezeigt, dass Mäuse gegenüber bewusstlosen Artgenossen stereotype Verhalten zeigen, die ähnlich der Ansprache bei der Ersten Hilfe ablaufen. Zu den beobachteten Maßnahmen gehören Berühren, Fellpflege, Anstupsen und manchmal sogar noch intensivere körperliche Handlungen wie Schlagen.

Obwohl diese Aktivitäten gegenüber handlungsunfähigen Artgenossen an menschliche Notfallreaktionen mit intensiver sensorischer Stimulation erinnern, bleibt es schwierig, die genaue Natur dieser Verhaltensweisen, ihre Häufigkeit innerhalb einer Art und die ihnen zugrunde liegenden neuronalen Mechanismen zu bestimmen. In einer Studie wurde mit Labormäusen unter kontrollierten Bedingungen untersucht, ob Tiere von Natur aus stereotype Verhaltensweisen als Reaktion auf ihre nicht reagierenden Sozialpartner und gegenüber ihnen zeigen.

Voraussetzung: emotionale Bindung

Eine Verhaltensüberwachung zeigte, dass Mäuse, die einem vertrauten sozialen Partner begegneten, der sich in einem durch Narkose verursachten Zustand der Bewusstlosigkeit befand, gegenüber dem Partner eindeutige und konsistente Verhaltensweisen zeigten, die von Schnüffeln und Fellpflege bis hin zu energischeren Aktionen wie dem Beißen in den Mund oder die Zunge des Partners und dem Herausziehen der Zunge reichten. Letztere intensiven Aktionen wurden auch bei Mäusen beobachtet, die mit einem toten vertrauten Partner interagierten, wurden jedoch selten gesehen, wenn der Partner aktiv war oder einfach schlief.

Diese Verhaltensweisen traten nach längerer Bewegungslosigkeit und Nichtansprechbarkeit des Partners auf und hörten auf, sobald der Partner wieder aktiv wurde, was darauf hindeutet, dass sie durch die Beobachtung nicht reagierender Zustände anderer ausgelöst wurden.

Kein Neugier-Verhalten

Diese Verhaltensweisen waren stark von der persönlichen Beziehung beeinflusst. Bei vertrauten Paaren waren sie ausgeprägter und wahrscheinlich nicht durch den Wunsch nach gegenseitiger sozialer Interaktion oder Neugier auf etwas Neues motiviert. Die Folgen – einschließlich der Entfernung von Fremdkörpern aus dem Mund, einer verbesserten Atemwegsöffnung und einer beschleunigten Genesung – deuten auf wiederbelebungsähnliche Bemühungen hin.

Untersuchungen schließen darauf, dass Oxytocinneuronen einen Rolle spielen. Bei bestimmten Verhaltensweisen wurde eine erhöhte Aktivität in bestimmten Subpopulationen der Oxytocinneuronen beobachtet. Darüber hinaus förderte die optogenetische Aktivierung dieser Neuronen wiederbelebungsähnliche Verhaltensweisen, während ihre Inaktivierung oder Blockierung der Oxytocin-Signalgebung durch ventrikuläre Verabreichung von Oxytocin-Rezeptorantagonisten die Verhaltensweisen beeinträchtigte.

Stärkung der Gruppe

Die Autoren folgern, dass die Tiere Notfallreaktionen zeigen, die denen einer Wiederbelebung ähneln, und dass die Unterstützung nicht reagierender Gruppenmitglieder ein angeborenes Verhalten sein könnte, das bei sozialen Tieren weit verbreitet ist. Es beruht auf dem Oxytocin-System, das im Wesentlichen bei allen Wirbeltierarten gleich ist. Ein solches Verhalten spielt wahrscheinlich eine Rolle bei der Stärkung des Gruppenzusammenhalts und des Überlebens.



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