Kratom wird im Internet als Mittel gegen Schmerzen, Entzündungen, Depressionen oder zur Verbesserung der Schlafqualität angepriesen. Von Nebenwirkungen wie Leberschäden, Nierenschäden und Krampfanfällen wird berichtet – in Deutschland kam es sogar zu einem Todesfall. Aufgrund des Gefahrenpotenzials ist der Hauptinhaltsstoff Mitragynin in der Schweiz bereits auf der Liste der Betäubungsmittel.
Der immergrüne Kratombaum (lat. Mitragyna speciosa) ist vor allem in Thailand und Myanmar heimisch. Seine Laubblätter werden “Kratom” oder “Biak” genannt. Je nach Verarbeitungsweise – frisch, getrocknet oder fermentiert – kann die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe variieren.
Seit Jahrhunderten werden die getrockneten Blätter der Alkaloid-Droge in Südostasien volksmedizinisch als Heilmittel gegen Durchfall, Fieber, Schmerzen und als Stimulans eingesetzt. Auch als Genussmittel finden die Blätter Verwendung – sie werden traditionell gekaut oder frisch als Tee aufgebrüht.
In niedrigen Dosen wirkt Kratom, ähnlich wie Kokain, stimulierend. Aufgrund der hohen Affinität zum μ-Opioid-Rezeptor führt es mit steigender Dosierung zu schmerzlindernden, euphorisierenden und dämpfenden Effekten. In hohen Dosen ist Kratom psychoaktiv – entsprechend steigt seine Popularität als Rauschmittel. Die Wirkung tritt meist nach zehn Minuten ein und hält wenige Stunden an.
Interessantes Wirkungsprofil
Für Mitragynin und 7-Hydroxymitragynin konnte in klinischen Studien neben der Opioid-ähnlichen Wirkung auch ein antiinflammatorischer Effekt durch eine COX-2-Hemmung beobachtet werden. Der volksmedizinische Einsatz lässt sich durch die nachgewiesenen antioxidativen und antibakteriellen Effekte erklären. Eine Anwendung bei Opioid-Entzügen ist ebenfalls denkbar.
Kratom-Extrakte zeigen bei Ratten, Mäusen und Hunden einen ausgeprägten anti-nozizeptiven Effekt. Schmerzreaktion wird scheinbar bei mechanischen und thermischen Reizen unterdrückt. Im Tierversuch konnte auch eine Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt festgestellt werden: Der Defäkationsreiz wurde deutlich vermindert. Wissenschaftliche Belege für den Nutzen beim Menschen fehlen bisher noch weitgehend.
Vielfältige Nebenwirkungen
Da Kratom – auch bekannt als „Herbal Speed“- im Westen meist nur von unregulierten Internetquellen bezogen werden kann, ist das getrocknete Blatt häufig mit Schwermetallen wie Blei oder Nickel verunreinigt. Weiters wird vor einer hohen Salmonellenbelastung mancher Chargen gewarnt. Ein Problem, welches in Südostasien weniger beobachtet wird, denn hier werden die Kratomblätter vorwiegend frisch konsumiert.
Für Personen mit Herzproblemen kann die Einnahme des Alkaloids fatal enden – von einer Kombination mit Coffein ist abzusehen, da hier der blutdrucksteigernde Effekt verstärkt wird. Mit Alkohol kann es zu einem verstärkten beruhigenden Effekt und letztendlich zu einer Atemdepression kommen. Aufgrund der CYP2D6-Hemmung kann es zu zahlreichen Wechselwirkungen kommen. Auch das hohe Allergiepotenzial von Kratom ist bekannt. Bei Langzeitverwendung höherer Dosen kann es zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Nystagmus und einer Hyperpigmentierung der Haut kommen. Es besteht ein erhebliches Suchtpotenzial, begleitet von Entzugssymptomen bei Absetzversuchen.
Negative Risikobewertung
Derzeit spricht auch die „European Food Safety Authority“ (EFSA) von einem nicht einschätzbaren Risiko des Kratom-Konsums. Die Pharmakokinetik sei komplex und unzureichend untersucht. Die limitierten pharmakologischen Daten lassen derzeit keine Aussagen über den gesundheitlichen Nutzen zu. Für belastbare Aussagen zum Langzeitgebrauch von Kratom benötigt es weitere klinische Studien.
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