Forscher suchen Gehirn-Jungbrunnen


von

Astrid Janovsky

Erste Erkenntnis aus den Labor-Hirnen: Sie können “rosten”.AdobeStock_771739170/Mahnoor

Was veranlasst unser Gehirn, zu altern, und wie kann man dem entgegenwirken? Diese Frage stellen sich Forschende der Uni Innsbruck und züchten dafür “Mini-Gehirne” in der Petrischale.

Alternde Gehirnzellen vergessen teils, wer sie eigentlich sind, berichtet Frank Edenhofer von der Universität Innsbruck. Er hat mit Kollegen “Mini-Gehirne” aus menschlichen Stammzellen in Laborschalen wachsen lassen und bei ihnen künstlich Alterungsprozesse ausgelöst. Daraufhin schwanden Markierungen auf dem Erbgut der Gehirnnervenzellen, die ihre Identität bestimmen, erklären die Forscher in einer Aussendung des Wissenschaftsfonds (FWF).

Miniatur-Organoide aus Stammzellen sind hervorragende Versuchsmodelle für menschliche Organe wie Herz und Hirn, aber die Sache hatte gerade für die Altersforschung bisher einen Haken, sagte Edenhofer vom Institut für Molekularbiologie der Uni Innsbruck im Gespräch mit der APA: “Es handelt sich dabei nämlich um ganz junges Gewebe, ähnlich wie bei einem Fötus.” Es gäbe aber bekannte Erkrankungen aufgrund von genetischen Defekten, die frühzeitiges Altern auslösen, zum Beispiel beim Eiweißstoff “Progerin”.

Hirn kann “rosten”

Die Forscher brachten nun die Vorlage (das Gen) für verändertes Progerin in die Hirn-Organoide ein und konnten daraufhin Alterungsprozesse bei ihnen beobachten. Wie in echten Menschengehirnen im fortgeschrittenen Alter lässt bei ihnen etwa die Aktivität der “Zellkraftwerke” (Mitochondrien) nach und die Mini-Gehirne “rosten” buchstäblich, sagte Edenhofer. Sauerstoff verursache in ihren Zellen genauso wie bei Eisen “oxidative Schäden”, die sich mit der Zeit häufen und die Funktion beeinträchtigen.

In dem Maß, wie die “Rostschäden” am Erbgut zunahmen, erodierten dort die Zelltyp-prägenden “epigenetischen Marker”, so der Stammzellforscher: “Wir haben ein Gen gefunden, das sowohl für die Erbgut-Reparatur wichtig ist, als auch für den Erhalt dieser epigenetischen Marker.” Tests in den Mini-Gehirnen sollen nun zeigen, ob man damit das Altern der Denkorgane eventuell verzögern könnte.

Spermidin für geistige Jugend?

Der Forscher will auch prüfen, ob man Gehirnnervenzellen mit verschiedenen pharmakologischen Interventionen verjüngen kann. Es gibt eine Reihe von Stoffen, die dafür in Betracht kommen, zum Beispiel Spermidin, sagte er: “Wir können nun erstmals ihre Wirkungsweise in einem Modell analysieren und vielleicht neue Wirksubstanzen und Strategien entdecken.”

Mit den Mini-Gehirnen wäre es auch möglich, die Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson im Labor genauer zu untersuchen. Zusammen mit Luxemburger Kollegen haben die Innsbrucker Forschenden deshalb Mini-Gehirne wachsen und altern lassen, bei denen die frühen Auswirkungen der Parkinson-Erkrankungen erkennbar sind.

APAMED



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