Führende Vitamin D-Expert:innenen aus aller Welt diskutierten kürzlich in Rom die extraskelettale Rolle des Mikronährstoffs, der sich wie ein Hormon verhält. Sie unterstrichen die Bedeutung von Vitamin D in vielen Bereichen und betonten, dass es sich hier um einen sich ständig weiterentwickelnden Bereich handelt.
Vitamin D: Wie wirkt es sich auf die Muskeln, das Magen-Darm-System und das Immunsystem aus? Besteht ein Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und Diabetes, Fettleibigkeit oder Infektionen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der achten International Conference on Controversies in Vitamin D , die im vergangenen September in Rom stattfand. An der Veranstaltung nahmen über dreißig Fachleute aus Europa, Amerika und Australien teil.
Wirkung an mehreren Fronten
Bei der extraskelletalen Bedeutung waren sich die Expert:innen einig: Vitamin D ist nicht nur für die Knochen wichtig, auch wenn sich darauf die meisten Leitlinien und Konsenserklärungen der wissenschaftlichen Gemeinschaft konzentrieren. “Vitamin D funktioniert wie ein Hormon: Es wird nur teilweise über die Nahrung aufgenommen und von unserem Körper hauptsächlich durch die körpereigene Synthese von Cholecalciferol als Reaktion auf die Sonneneinstrahlung gebildet. Und es hat eine pleiotrope Wirkung, d.h. es kann an mehreren Fronten wirken”, erklärte Andrea Giustina, Professor für Endokrinologie und Stoffwechselkrankheiten an der Università Vita-Salute San Raffaele und Leiter der Abteilung für Endokrinologie am Ospedale San Raffaele, Mailand.
Bedeutung bei Diabetes, Adipositas und Bluthochdruck
Die Diskussionsteilnehmer:innen befassten sich mit den Auswirkungen von Vitamin D auf die Muskeln, wobei der Schwerpunkt auf Sarkopenie und Osteosarkopenie lag. Sie analysierten die kardiovaskulären Zusammenhänge, bei denen Vitamin D eine Rolle spielen kann, wie Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, kardiochirurgische Eingriffe und ischämische Herzerkrankungen. Außerdem untersuchten sie die Auswirkungen von Vitamin D auf das Fortschreiten von Prädiabetes zu Diabetes sowie auf die Glukosekontrolle bei Adipositas und allgemein auf das Magen-Darm-System. Auch das Thema COVID-19 wurde ausführlich diskutiert: von Vitamin-D-Mangel als Risikofaktor für eine akute Infektion bis hin zu Studien, die den Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und Long-COVID einerseits und einer beeinträchtigten langfristigen Antikörperreaktion auf die COVID-19-Impfung andererseits untersuchen.
Höhere Dosen bei Fettleibigkeit
“Das Gremium erzielte einen wichtigen Konsens über die Rolle des Vitamin-D-Mangels und seiner Ergänzung beim Übergang von Prädiabetes zu offenem Diabetes, zumindest bei Patienten mit Hypovitaminose D”, berichtete Professor Giustina zum Abschluss. “Besonderes Augenmerk wurde auch auf die Rolle von Vitamin D für die kardiometabolische Gesundheit gelegt, mit besonderem Hinweis auf die Auswirkungen bei fettleibigen Personen und auf die Notwendigkeit, ihnen höhere Vitamin-D-Dosen zu verabreichen als ihren normalgewichtigen Altersgenossen, um die gewünschten Hormonspiegel zu erreichen. Was die Auswirkungen des Vitamin-D-Mangels auf die Körperzusammensetzung betrifft, so wurde die Rolle der Sarkopenie als Risikofaktor für Stürze (und folglich auch für Knochenbrüche) insbesondere bei älteren Patienten mit Vitamin-D-Mangel hervorgehoben. Die Rolle von Vitamin D bei Autoimmun- und Infektionsprozessen wurde unter besonderer Berücksichtigung von akutem COVID-19, langem COVID und der Immunantwort auf die COVID-Impfung untersucht”, so Professor Giustina weiter. “Schließlich wies das Gremium darauf hin, dass Vitamin D ein sich ständig weiterentwickelnder Bereich ist und dass seine pleiotropen Wirkungen in wichtigen klinischen Bereichen wie der Herzchirurgie und Magen-Darm-Erkrankungen weiter eingehend untersucht werden sollten.
Weiterführende Literatur:
https://www.bmj.com/content/381/bmj-2023-075230
https://doi.org/10.1007/s12020-023-03481-w
https://doi.org/10.1210/clinem/dgad207
APAMED