Europa in tödlicher Salz-Falle


Sandra Piontek

Zu hoher Salzkonsum fordert jährlich 2 Mio. Todesopfer weltweit.AdobeStock_430131469/Sharif

Die Empfehlung des maximalen tägliche Salzkonsum liegt bei sechs Gramm. In der Praxis konsumieren die Menschen jedoch deutlich mehr. Aktuell liegt der Tagesverbrauch in Europa zwischen acht und 19 Gramm – mit erheblichen Folgen für die Gesundheit.

Ein Teelöffel Salz – das ist laut US-amerikanischen Ernährungsrichtlinien die maximale Tagesdosis für Natrium. Doch viele Menschen überschreiten diesen Wert deutlich. Die Folge sind gesundheitliche Risiken wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle und Nierenerkrankungen. Eine neue Studie liefert Belege dafür, dass der Einsatz von Salzersatz die Gesamtmortalität senken kann.

Versteckt in Lebensmitteln

Die US-amerikanische Lebensmittelbehörde FDA macht deutlich: Das Problem liegt nicht im Salzstreuer auf dem Tisch. „70 Prozent des konsumierten Natriums stammen aus abgepackten und verarbeiteten Lebensmitteln.“ So stecke in Brot, Käse, Fertiggerichten und Salatdressings viel Salz. Die Behörde arbeitet daher mit der Industrie an einer schrittweisen Reduktion des Natriumgehalts. Noch gibt es aber keine verbindlichen Grenzwerte, daher sind Verbraucher:innen dazu angehalten, die Nährwerte zu überprüfen.

Dr. Daniel W. Jones (University of Mississippi Medical Center) spricht von einem möglichen „Wendepunkt“ in der Prävention. „Die Studien könnten den lang erwarteten Beweis liefern, dass weniger Natrium zu weniger kardiovaskulären Ereignissen führt.“

Die WHO empfiehlt in den Richtlinien eine tägliche Natriumaufnahme von weniger als einem Teelöffel. Für Erwachsene sollte der Verzehr auf höchstens fünf Gramm Salz pro Tag beschränkt werden. Für Kinder sollte es noch weniger sein: Maximal zwei Gramm Salz pro Tag werden empfohlen. Aktuell liege der Salzkonsum in Europa jedoch deutlich höher. Zwischen acht und 19 Gramm nehmen die Menschen zu sich. Dabei sterben laut WHO jährlich acht Millionen Menschen an den Folgen der ungesunden Ernährung – fast zwei Millionen davon aufgrund zu hoher Natriumzufuhr.

Salzalternative reduziert Schlaganfälle

Aktuelle Ergebnisse aus der „Salt Substitute and Stroke Study“ zeigen: Eine Salz-Alternative mit 25 Prozent Kaliumanteil reduzierte das Risiko für einen erneuten Schlaganfall um 14 Prozent und senkte die Gesamtsterblichkeit um 12  Prozent. Der Studienautor Xiong Ding (Wuhan University) sieht darin eine Chance für die weltweite Sekundärprävention: „Die einfache Intervention einer Salzsubstitution könnte die Sekundärprävention von Schlaganfällen und kardiovaskulärer Erkrankungen weltweit signifikant verbessern.“ Ebenso positiv zu werten: „Erfreulicherweise stieg das Risiko für Hyperkaliämie – eine mögliche Nebenwirkung kaliumhaltiger Ersatzstoffe – nicht an.“

Die Kardiologin Professor Melissa Tracy (Rush University, Chicago) sieht die Datenlage als klaren Handlungsauftrag. Es sei ein evidenzbasierter Wendepunkt erreicht. „Wenn man eine zweistellige Reduktion des Schlaganfallrisikos, schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse und der Gesamtmortalität erreicht – das ist enorm.“ In ihrer Praxis stelle sie ihren Patientinnen und Patienten aktiv Salzersatz vor: „Ich habe einen Behälter mit Salzersatz im Büro stehen – er kostet etwa so viel wie normales Salz und ist leicht erhältlich.“

Keine Nebenwirkungen, großer Nutzen

Die ursprüngliche Studie New England Journal of Medicine aus dem Jahr 2021 bestätigte bereits die Vorteile des Ersatzes – ohne relevante Kalium-Nebenwirkungen. Tracy fordert deshalb klare Regelungen: „Dies muss eine Gesundheitsverordnung werden – wie das Verbot von Transfetten oder der Rückzug von künstlichen Farbstoffen aus Lebensmitteln.“

Eine Modellstudie aus China unterstreicht das präventive Potenzial: Durch den flächendeckenden Einsatz von Salzersatz könnten jährlich bis zu 365.000 Schlaganfälle und 461.000 Todesfälle verhindert werden.

APOTHEK ADHOC



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