Zum Thema SARS-CoV-2 wird weltweit vielgeforscht. An der MedUi Wien entstehen interessante Entwicklungen zu nasalen Impfmethoden und Messungen des Krankheits-Schweregrades über das Blutplasma.
Eine Impfung unter die Haut und ein Booster in die Nase sollen die Wirksamkeit von Covid-19-Impfungen verbessern und möglichst schon Infektionen mit SARS-CoV-2 verhindern. Auch Wissenschaftler der MedUni Wien arbeiten an einem solchen Konzept. Es gibt gute Resultate aus Tiermodellen.
Ziel: Verbreitung reduzieren!
Bisherige injizierbare Impfstoffe hätten zwar die Schwere der Verläufe gemindert, nicht jedoch die ursächliche Verbreitung, sagen die Wissenschaftler. Da die allgemeine Annahme gilt, dass SARS-CoV-2 bleiben wird, sucht die Wissenschaft nach Strategien, die Übertragung der Viren zu verhindern. Es wird davon ausgegangen, dass der obere Atemtrakt und der Nasenraum die primären Eintrittspforten sind, über die eine Infektion mit SARS-CoV-2 erfolgt. Deshalb wäre laut der Arbeitsgruppe vom Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie eine Impfung über die Schleimhaut bzw. nasal, um eine Immunreaktion in der Mukosa und eine weitere Übertragung des Virus zu verhindern, dringend notwendig.
Zwar hat die Covid-19-Impfung laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Europa bis März 2023 mehr als 1,4 Millionen Menschen (25.000 in Österreich) das Leben gerettet, doch die weiterhin hohe Transmissionsrate inklusive der Problematik des Post-Covid-Syndroms bedeutet eine anhaltende Herausforderung. Die Wiener Wissenschaftler stellen deshalb den Stand und die Zukunftsaussichten für eine neue Strategie dar: Zunächst könnte eine Erstimpfung mit einem injizierbaren Impfstoff zur Auslösung einer systemischen Immunreaktion erfolgen. Das führt vor allem zur Bildung von IgG-Antikörpern, die im Blut zirkulieren und von dort zu einem gewissen Grad auch in die Schleimhäute gelangen. Außerdem wird dadurch die Bildung von B-Gedächtniszellen angeregt.
Erst Spritze, dann Spray
Darauf könnte dann eine Impfung als Booster mit einer nasalen Vakzine erfolgen. Zwar würden auch dadurch im Blut zirkulierende Antikörper entstehen, doch in den Schleimhäuten, die als Eintrittspforten für SARS-CoV-2 dienen, würde es zu hohen Konzentrationen von IgA-Antikörpern (und auch von IgG-Antikörpern) kommen. Die Impfung sollte damit bereits das Eindringen der Viren in den Organismus verhindern. Die Wissenschaftler listen beispielsweise mehr als ein Dutzend nasal zu verabreichende Covid-19-Vakzine auf, die in Großbritannien, Indien, China und Russland entwickelt werden (klinische Studien). Aktuell sind bereits vier Impfstoffe in China, Indien und Russland zugelassen.
Zu dem Thema gibt es auch in Wien präklinische Studien bis hin zu Tiermodellen. So haben die Wissenschaftler unter Verwendung dreier monoklonaler Antikörper (Sotrovimab, Tixagevimab und Cilgavimab), die zur Behandlung von Covid-19 verwendet worden sind, ein Peptid des Spike-Eiweißes von SARS-CoV-2 identifiziert, das sich besonders gut als Antigen in einer Vakzine eignen sollte. Als Impfstoff soll es B-Lymphozyten zur Bildung von Antikörpern anregen. Zur Verbesserung der Wirksamkeit wurde das Antigen an ein Trägerprotein (ungefährliches Diphtherie-Toxoid) gebunden. Hinzu kommt noch ein Adjuvans.
Tests am Maus-Modell
Joshua Tobias und das Wissenschaftlerteam der MedUni Wien erprobten dieses Prinzip mit der Vakzine auf der sogenannten Mimotop-Plattform an Labormäusen. Ein Teil von ihnen bekam die Vakzine als nasalen Impfstoff, ein Teil als Injektion unter die Haut (mit Adjuvans), die dritte Gruppe der Mäuse erhielt die Vakzine zunächst injiziert (Priming) und dann zusätzlich noch nasal (Booster). Das Hauptergebnis: Mit der Kombinationsimpfung wurde eine besonders gute Immunreaktion (IgA- und IgG-Antikörper sowie T-Zell-Antwort) sowohl im Blut als auch in den Schleimhäuten (Mukosa) registriert.
Egal, ob dieses Projekt selbst zu einem breit anwendbaren Covid-19-Impfstoff führt oder nicht, eines erwarten die Wiener Wissenschaftler mit einiger Sicherheit: “Es ist nicht unwahrscheinlich, dass in den kommenden Jahren eine wachsende Zahl von mukosalen Vakzinen gegen SARS-CoV-2 weltweit für die Verwendung zugelassen wird. Möglicherweise werden sogar alle Covid-19-Vakzine mukosale Impfstoffe werden.” Das wäre eine echte Revolution in der Vakzinologie.
Sekundenschnelle Analyse
Eine weitere Revolution könnte einem anderen Forschungsteam an der MedUni Wien gelungen sein. Es hat in einer Studie gezeigt, dass rein optische Messungen der Viskosität des Blutplasmas Aufschluss über den Schweregrad und Verlauf von COVID-19 geben können. Dass die Viskosität des flüssigen Bestandteils von Blut (Plasma) wertvolle Hinweise auf verschiedene Erkrankungen geben kann, ist in der medizinischen Wissenschaft bekannt. Dass rein optische Messungen ausreichen, um diesen diagnostischen Marker rasch zu erfassen, hat nun ein Forschungsteam um Kareem Elsayad vom Zentrum für Anatomie und Zellbiologie der MedUni Wien gezeigt. Die in der Studie angewandte Technik, bekannt als Brillouin-Lichtstreuungsspektroskopie (BLS), nutzt Licht, um Informationen über die Viskosität des Plasmas zu erhalten, indem die Wechselwirkungen von Licht mit natürlich vorkommenden akustischen Wellen in der Probe untersucht werden.
Die Messung von Unterschieden in der Viskosität des Blutplasmas mittels BLS eröffnet eine Reihe neuer Möglichkeiten: „Allem voran könnten unsere Studienergebnisse dazu beitragen, den Schweregrad der Erkrankung bei der Überwachung der Patient
rasch und präzise zu bewerten“, bringt der Studienleiter die Relevanz der Erkenntnisse auf den Punkt. Schließlich bietet BLS den Vorteil, sehr kleine Mengen Plasma (weniger als 100 Mikroliter) in weniger als einer Sekunde analysieren zu können.
APAMED, MEDUNIWIEN