Vitamin A ist essenziell für das Wachstum und die Reifung verschiedenster Zellen in der Haut und Schleimhaut. Eine aktuelle Studie zeigt positive Effekte auf das Respirationsepithel. Die Lungenfunktion verbessert sich bei erhöhter Aufnahme von Carotinoiden aus der Nahrung, insbesondere bei Rauchern. Bedenkenlos sollten hochdosierte Carotinoide jedoch nicht eingenommen werden. In den 1990er-Jahren zeigten Studien bereits ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko bei starken Rauchern, die hochdosiert Beta-Carotin als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen hatten.
Unter dem Sammelbegriff “Vitamin A” werden mehrere strukturell ähnliche Substanzen zusammengefasst. Zu ihnen gehören Retinol (die wichtigste Transport- und Speicherform im Körper), seine Ester, und die Provitamine. Zu den bekanntesten Provitaminen zählt das Beta-Carotin. Es wird in Darm und Leber enzymatisch zur aktiven Wirkform von Vitamin A umgewandelt. Ein chronischer Vitamin-A-Mangel wird mit Veränderungen der Lungenepithel-schleimhaut sowie einer gestörten Lungenphysiologie in Verbindung gebracht.
Bessere Lungenfunktion
Eine kürzlich erschienene Studie zeigt, dass Carotinoid-reiche Kost die Forcierte exspiratorische Vitalkapazität (FVC) verbessern kann. Dabei handelt es sich um die maximale Luftmenge, die ein Mensch nach tiefem Einatmen schnell und kräftig wieder ausatmen kann. Die FVC wird beim Lungenfunktionstest gemessen, um die Leistungsfähigkeit der Lunge zu beurteilen. Die Menge der mit der Nahrung aufgenommenen Carotinoide korreliert direkt mit der Verbesserung der FVC: Pro 100 µg Carotin pro Tag stieg die Kapazität um 13,3 ml. Dieser Zusammenhang gilt auch für die Beta-Carotin-Serumwerte der Studienteilnehmer:innen. Noch deutlicher war der Effekt auf die pulmonale Leistungsfähigkeit bei Rauchern zu sehen. Unabhängig von der Ernährung kann auch bei Personen mit genetischen Variationen, die die Verfügbarkeit von Alpha- und Beta-Carotin erhöhen, eine bessere FVC beobachtet werden.
Für die tägliche Retinol-Aufnahme oder Retinol-Serumwerte zeigte sich hingegen kein signifikanter Effekt auf FVC oder andere Lungenparameter. Der positive Effekt auf die Lungenfunktion scheint spezifisch mit der Aufnahme von Carotinoiden – vor allem Beta-Carotin -verknüpft zu sein, nicht jedoch mit Retinol.
Erhöhtes Lungenkrebsrisiko bei Rauchern
Wird Beta-Carotin jedoch im Milligramm-Bereich als Supplement zugeführt, ist das Risiko für Lungenkrebs bei langjährigen starken Rauchern erhöht. In diese Gruppe fallen Menschen, die mehr als 20 Zigaretten über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren täglich konsumieren.
In zwei aufsehenerregenden Studien in den 1990er-Jahren zeigte sich, dass die hochdosierte Einnahme von 20 bis 30 mg Beta-Carotin täglich bei starken Rauchern das Lungenkrebs-Risiko um 18 bzw. 28 Prozent erhöht. Auch die Gesamtmortalität war in dieser Gruppe leicht erhöht. Für Nichtraucher und ehemalige Raucher konnte durch hohe Beta-Carotin-Dosierungen kein Risikoanstieg nachgewiesen werden.
In Deutschland gilt seitdem für Nahrungsergänzungsmittel (NEM) eine tägliche Dosierung von 2 bis maximal 3,5 mg Beta-Carotin. Überschreitet ein Arzneimittel die Tagesmaximalmenge von 20 mg, sollen starke Raucher auf die Einnahme verzichten. Seitens der Industrie kam es zu einer freiwilligen Selbsteinschränkung der Beta-Carotin-Menge in Lebensmitteln.
Vorsicht bei Hochdosis-Präparaten
Für Beta-Carotin und Vitamin A gibt es in Österreich derzeit keine gesetzlich verbindlichen Höchstmengen für NEM. Allerdings empfiehlt das österreichische Gesundheitsministerium, ab einer Zufuhr von über 900 µg Retinoläquivalent pro Tagesdosis einen Warnhinweis auf dem Produkt anzubringen. Dieser soll auf die tägliche Höchstmenge aufmerksam machen.
Physiologische Dosierungen von Beta-Carotin (bis zu 6 mg pro Tag) schützen im Tiermodell vor Krebsvorstufen und Lungentumoren. Dosierungen im supra-physiologischen Bereich (30 mg pro Tag) können hingegen in präklinischen Studien Lungenkrebs über zelluläre Prozesse begünstigen.
Langjährige starke Raucher sollen daher auf Dosierungen in NEM achten oder Hochdosis-Präparate meiden. Durch eine ausgewogene Ernährung kann eine schädliche Wirkung von Vitamin A oder Beta-Carotin praktisch ausgeschlossen werden. Denn der Körper steuert seine Synthese von Beta-Carotin zu Vitamin A streng bedarfsgesteuert.