Ein Forschungsteam unter Leitung der MedUni Wien untersuchte einen neuen Wirkstoff, der zur Behandlung von fortschreitendem Hörverlust sowie Hörsturz eingesetzt werden kann. Die Ergebnisse sind vielversprechend.
Derzeit stellen Cochleaimplantate die einzige Therapiemöglichkeit bei fortgeschrittenem Hörverlust dar, um das Hörvermögen teilweise wiederherzustellen. Der Erhalt des Restgehörs ist dabei von entscheidender Bedeutung, da das verbliebene „natürliche“ Hörvermögen in Kombination mit der elektrischen Stimulation des Implantats das Sprachverstehen und allgemeine Hörempfinden verbessert.
Implantat kann Gehör weiter schädigen
Der chirurgische Eingriff kann jedoch das Innenohr schädigen und zum Verlust des Restgehörs führen. Bislang gibt es keine wirksame Methode, diesen Verlust zu verhindern oder zu behandeln. Nun wurde der Wirkstoff AC102 an Tiermodellen mit Cochleaimplantaten getestet. „In unserer Studie konnten wir nun zeigen, dass sich das Restgehör bei Tieren, denen AC102 einmalig verabreicht wurde, im Gegensatz zu unbehandelten Tieren zunehmend erholte“, berichtet Erstautor Michael Nieratschker von der MedUni Wien. Mit Hilfe von Zellkulturen und Innenohrmodellen wurde im Rahmen der Studie auch die Erklärung für diesen Effekt gefunden: AC102 wirkt entzündungshemmend und schützt so die Haarsinneszellen und Hörnerven vor dem Absterben.
Bei fortschreitendem Hörverlust und Hörsturz
Die Ergebnisse der Studie lassen den Schluss zu, dass AC102 auch bei anderen Formen von plötzlichem Hörverlust, insbesondere beim akuten Hörsturz, wirksam sein könnte. „Hörsturz wird meist mit Kortison behandelt, doch neuere Studien zeigen, dass dieser Ansatz oft nicht zum Ziel führt“, betont Christoph Arnoldner, Leiter des Christian Doppler Labors für Innenohrforschung an der MedUni Wien. „Da entzündliche Prozesse und Zellschäden wie beim Restgehörverlust in der Chochleaimplantation auch beim akuten Hörsturz eine Rolle spielen, wurde die Verwendung von AC102 auch in diesem Zusammenhang untersucht“, erklärt Nieratschker. So konnte die Wirksamkeit der Substanz bereits in einer präklinischen Studie nachgewiesen werden.
Die aktuellen Ergebnisse wurden im Fachjournal „Cell Death & Disease“ publiziert: A preoperative dose of the pyridoindole AC102 improves the recovery of residual hearing in a gerbil animal model of cochlear implantation