Kopiervorlage für Rezept-Retax-Modell


von

Astrid Janovsky

Null-Retax ist in Deutschland schon lange schlechte Sitte.

Was in Österreich gerade die Branche erschüttert, kennt man in deutschen Apotheken nur zu gut: Die Null-Retax. Seit Jahren üben sich die Krankenkassen in kreativen Neuerungen, um nicht in die Arzneimittel-Erstattung gehen zu müssen. Ich prognostiziere: Das ist erst der Anfang.

Ich weiß nicht, ob es die Deutschen erfunden haben, oder vielleicht doch die Schweizer oder ein ganz anderes Land. Ich kann aber sagen, dass das, was die Krankenkassen in Österreich gerade an kreativen Sparmaßnahmen auf Kosten der Apotheken praktizieren (vulgo “Nullretax”) in Deutschland schon lange gelebte Praxis ist. Und nach ein paar Jährchen in Germanien wächst in mir die düstere Prognose, dass immer wieder neue perfide Regelungen hinzukommen, die den Kassen weitere Schlupflöcher zum fröhlichen Apotheken-Schröpfen bieten.

1,2,3 – große Zauberei

Ich finde, das kann man ruhig so drastisch ausdrücken, wenn eine erbrachte Leistung aufgrund von Lappalien nicht honoriert wird. Jüngstes Beispiel hierzu(deutsch)lande: Beim Einlösen des e-Rezeptes muss die Charge der abgegebenen Packung erfasst werden. Keine Charge – kein Geld. Wird also zum Beispiel aus Notfallgründen auf ein Privatrezept expediert und das Kassenrezept am Versicherungskärtchen nachgereicht, muss man entweder händisch die Charge erfassen oder den QR-Code der bereits abgegebenen Packung wieder im System einspeichern (so das zeitlich noch geht) und erneut über das Kassenrezept abbuchen. Wird aus Versehen das Abscannen des QR-Codes vergessen (was natürlich nicht passieren soll, in der Praxis aber durchaus mal z.B. bei einer Bestellung vorkommen kann), muss man irgendwoher die Chargennummer zaubern (meist ist der Großhandel im Besitz eines entsprechenden Zauberstabes).

Unterstützung vom Apothekerverband

Ein Vorteil in Deutschland, der aus einem Nachteil im Vergleich zu Österreich erwachsen ist: Bei Kassenretaxationen unterstützt der Apothekerverband. Flattert eine derartige Benachrichtigung in die Apotheke, kann man dort um Hilfe ansuchen. Das funktioniert wirklich gut und die wissen meist einen Ausweg. Das ist aber deshalb notwendig, weil von Seiten der Kammer kein Support kommt. In Österreich ist die “Konzentration der Mächte”, oder sagen wir freundlicher: “der Kräfte” im Apothekerhaus eine feine Sache.

Never ending Story

Eines habe ich aber zwischenzeitlich aus den unzähligen Teil- oder Voll-Retaxen, die ich in den Jahren als Filialleiterin in Händen hatte, gelernt: Man darf nicht den Kopf verlieren. In den allerallermeisten Fällen findet man einen Lösungsweg, um doch noch an sein Geld zu kommen. Ich empfände es aber auch als Frechheit, wenn man als Apotheke die Versicherten mit dem von ihnen dringenden Medikament versorgt und aufgrund eines Formfehlers oder eines “Schadens” von wenigen Euro auf den gesamten Auslagen sitzen bleibt. Daher mein Rat ans Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Nicht verzweifeln, sondern Augen auf und durchbeissen. Ich würde nicht darauf vertrauen, dass das der letzte Fallstrick war, der den Krankenkassen im Projekt “Einsparungsmaßnahmen apothekenseits” eingefallen ist.

Tu – gerade nicht so – felix austria

TARA24-Redakteurin Astrid Janovsky arbeitet seit 2016 in einer Apotheke im süddeutschen Baden-Württemberg und pendelt seither beruflich in zwei bisweilen recht unterschiedlichen Arbeitswelten. Denn das deutsche Apothekenwesen ist in vielen Punkten erstaunlich anders als das österreichische. In ihrer Kolumne „Deutschlandreport“ gewährt sie Einblicke in lokale Marotten und bundesweite Gepflogenheiten.



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