Darf´s ein bisserl mehr sein? (Teil 2)


von

Astrid Janovsky

Großpackungen sind für die Apotheke aus wirtschaftlicher Sicht und in der Lagerhaltung problematisch.TARA24

100 Stk. Ibu 600mg? Gerne. 10 Insulinpens? Gar kein Thema. 12 Trulicity-Spritzen? Selbstverständlich. In Deutschland wird bei Rx-Medikamentenpackungsgrößen nicht gekleckert, sondern geklotzt. Für Apotheken ist das nicht wirklich positiv.

Bestimmt hatten sie schon einmal eine deutsche Medikamentenpackung in der Hand und haben sich über das “N+Ziffer” auf der Vorderseite der Packung gewundert. Was so prominent auf einem Arzneimittel stehen darf, muss wohl wichtig sein – und ist es auch tatsächlich. Jenes ominöse “N”, gefolgt von den Ziffern 1,2 oder 3, gibt den Versorgungszeitraum an, der mit dem Inhalt gewährleistet sein soll. Das Ganze ist geregelt in der „Verordnung über die Bestimmung und Kennzeichnung von Packungsgrößen für Arzneimittel in der vertragsärztlichen Versorgung, § 1“ und lautet wie folgt:

  • Packungen für die Akuttherapie oder zur Therapieeinstellung mit einer Anzahl von einzelnen Anwendungseinheiten für eine Behandlungsdauer von zehn Tagen werden als N1 (kleine Packungsgröße) gekennzeichnet; dies gilt auch für Packungen, deren Anzahl von einzelnen Anwendungseinheiten um nicht mehr als 20 Prozent hiervon abweicht.
  • Packungen für die Dauertherapie, die einer besonderen ärztlichen Begleitung bedarf, mit einer Anzahl von einzelnen Anwendungseinheiten für eine Behandlungsdauer von 30 Tagen werden als N2 (mittlere Packungsgröße) gekennzeichnet; dies gilt auch für Packungen, deren Anzahl von einzelnen Anwendungseinheiten um nicht mehr als 10 Prozent hiervon abweicht.
  • Packungen für die Dauertherapie und mit einer Anzahl von einzelnen Anwendungseinheiten für eine Behandlungsdauer von 100 Tagen werden als N3 (große Packungsgröße) gekennzeichnet; dies gilt auch für Packungen, deren Anzahl von einzelnen Anwendungseinheiten um nicht mehr als 5 Prozent niedriger ist.

Individuell je Wirkstoff

Diese “Normgröße” (dafür steht das “N”) wird für jeden Wirkstoff einzeln definiert. N3 bei Naratriptan entspricht z.B. 12 Stück, bei Metformin 180 Stück. Nicht bei allen Molekülen wird dieses System allerdings schlagend. So fällt N3 bei Metamizol/Novaminsulfon mit 50 Stk. vergleichsweise mager aus. Und natürlich wird deshalb auch gejammert. Dass es Länder gibt, in denen eine 20-Stk.-Pkg. Standard ist, will man nicht hören.

Es wäre aber nicht Deutschland, wäre das System sonst so einfach geregelt. Die Normgröße jedes Wirkstoffs bewegt sich in einem bestimmten Bereich. Das ist mit dieser ominösen möglichen Abweichung im oben genannten Gesetzestext von 5 (N3), 10 (N2) und 20 (N3) Prozent gemeint. In der Praxis bekommt man also unter Umständen statt 100 Pantoprazol nur eine Packung mit 98. Ja, das kann schon für Unmut sorgen.

Problem: Antibiotika

Tatsächlich problematisch wird dieses “von-bis” bei Antibiotika. Der Arzt verordnet 14 Stk. (die obere Grenze von N1), die Krankenkasse hat als Rabattvertrag 10 Stk. (die untere Grenze von N1). Jetzt kann man zwar gegenüber der Kasse argumentieren, dass die Therapie 7 Tage dauern muss, das ist aber erstens mit Aufwand verbunden und verlangt zweitens auch genaues Hinschauen, weil das Kassensystem automatisch das Rabattvertragsmedikament anzeigt. Also alles nicht so einfach, aber eben typisch deutsch.

Und für die Kundschaft durchaus angenehm: Neben dem Preisvorteil (max 10 Euro Rezeptgebühr für drei Monate Medikamentenversorgung) bietet die Großpackung auch einen Bequemlichkeitsbonus: Man muss nur alle drei Monate in die Apotheke dackeln – und das ist natürlich im Umkehrschluss ein ganz großer Nachteil für die Apotheke: Man sieht die Kund:innen seltener (weniger Freiverkauf), muss aber größere Packungen vorrätig halten (Platzproblem) und auch mit höheren Beträgen in Vorleistung gehen. Für die Apotheken ist größer also nicht wirklich besser.



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