Darf´s ein bisserl mehr sein? (Teil 1)


von

Astrid Janovsky

Bis zu vier Apotheken kann in Deutschland ein:e Inhaber:in besitzen.TARA24

Deutschland schlägt Österreich nicht nur flächenmäßig, es gibt auch ein paar Apotheken-Disziplinen, in denen die Germanen (und Germaninnen) gerne größere Brötchen backen. Eine davon ist der Filialverbund mit bis zu vier Betrieben.

Seit der Apothekennovelle 2024 sind die Karten in Österreich bezüglich Filialisierung auch neu gemischt (ein bisschen zumindest), in Deutschland ist es aber schon lange gang und gäbe, zu seiner “Hauptapotheke” noch ein paar Filialen zu betreiben. Genauer gesagt wurde das 2004 erlaubt. Der Inhaber bzw. die Inhaberin kann zur definierten Hauptapotheke bis zu drei Filialapotheken führen. Für jede Betriebsstätte muss aber eine Leitung benannt werden, die in Vollzeit arbeiten sollte. Wieviel weniger akzeptiert wird, hängt von der Aufsichtsbehörde ab. In der Regel ist bei 35 Stunden Schluss.

Immer wieder wird diskutiert, ob man die Leitung nicht auch auf zwei Teilzeitstellen splitten kann. Aktuell wird das verneint, es könnte aber sein, dass ich Apotheken kenne, in denen die Leitung in einem geringeren Ausmaß anzutreffen ist. Das soll hier aber gar nicht Gegenstand sein. Zwar wird die große Mehrheit der Apotheken nachwievor als Einzelbetrieb geführt, etwa ein Viertel aller Apotheken gehört aber zu einem Filialverbund.Das bringt aus unternehmerischer Sicht durchaus viele Vorteile:

Der günstigere Einkauf:

Ganz klar: wer mehr kauft, bekommt bessere Konditionen. Das man also bei drei oder gar vier Betrieben andere Volumina aufruft als mit einer einzigen Apotheke, liegt auf der Hand.

Der größere Personalpool:

Selten lassen sich nach meiner Erfahrung die Inhabenden zu Dienstverträgen hinreißen, die die Beschäftigung auf eine einzige Filiale des Verbunds beschränken. Gerade in Krankheitsfällen ist eine breiter aufgestellte Personaldecke von Vorteil. Auch bei den Urlaubsplanungen ermöglicht es eine höhere Flexibilität.

Die längere Verfügbarkeit bei Lieferschwierigkeiten:

Ist ein Produkt nicht lieferbar, hilft häufig ein Blick in die Bestände der Partnerapotheke. Und nicht selten findet sich dort noch ein Exemplar des dringend benötigten Arzneimittels.

Die Blitz-Bestellung:

Es gibt gesetzliche Vorgaben, wie weit (oder eben nicht weit) Filialapotheken voneinander entfernt sein dürfen. Die räumliche Nähe begünstigt einen schnellen Warenverkehr auch jenseits von Lieferengpässen. Wird ein Präparat dringend benötigt, das in der Filiale lagernd ist, kann man entweder der Kunden bzw. die Kundin dorthin verweisen, es durch einen Boten/Mitarbeitenden liefern lassen oder von der Partnerapotheke aus direkt nach Hause zustellen.

Einer für alle:

In Deutschland ist es Usus, dass die Apotheke eine Hauszustellung anbietet. Dafür einen eigenen Fahrer zu beschäftigen, ist für kleiner Betriebe eher unrentabel. Wenn derselbe Fahrer aber die Waren aus mehreren Filialen zusammensammelt und gemeinsam ausliefert, ist das wirtschaftlich wesentlich attraktiver.

Eines bringt ein größerer Filialverbund auch mit sich – und das sehen vermutlich die einen als Vor- und andere als Nachteil: Der Inhaber bzw. die Inhaberin wird mit zunehmender Größe mehr und mehr zum Verwalter. Die Zeit am HV-Tisch geht zurück, jene im Büro wächst. Der Kundenkontakt nimmt ab, die Bürokratie zu. Der Apotheker wird zum Unternehmer und sieht sich plötzlich mehr mit wirtschaftlichen denn pharmazeutischen Themen konfrontiert. Das erfordert auch von den Inhaber:innen ein neues Denken.

TARA24-Redakteurin Astrid Janovsky arbeitet seit 2016 in einer Apotheke im süddeutschen Baden-Württemberg und pendelt seither beruflich in zwei bisweilen recht unterschiedlichen Arbeitswelten. Denn das deutsche Apothekenwesen ist in vielen Punkten erstaunlich anders als das österreichische. In ihrer Kolumne „Deutschlandreport“ gewährt sie Einblicke in lokale Marotten und bundesweite Gepflogenheiten.



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