„Wespenplage“ ist ein sehr subjektiver Begriff, sagt Insektenexperte Mag. Martin Schwarz. Fakt ist, dass es heuer überdurchschnittlich viele Exemplare von Wespen gibt. TARA24 hat nachgefragt, wie es in heimischen Apotheken um die Nachfrage an Insektenschutzmittel sowie das Notfallmedikament Epinephrin bestellt ist und ob sich betroffene Hochrisikoallergiker um die Verfügbarkeit sorgen müssen.
Die Prognosen haben sich bewahrheitet, wie auch das Marktforschungsinstitut IQVIA bestätigt. Nicht nur die Hitze mache den Österreicherinnen und Österreichern heuer zu schaffen, sondern auch kleine Quälgeister aus dem Insektenreich – das Jahr 2024 ist ein besonders starkes Gelsen- und Wespenjahr. Auch der Insektenexperte Martin Schwarz vom Biodiversitätszentrum Linz stellt fest, dass heuer überdurchschnittlich viele Wespen unterwegs sind (Siehe Interview). Dabei ist 2024 keine Ausnahme, denn bereits seit vier Jahren zeigen die Apothekenverkaufszahlen einen starken Aufwärtstrend im zweistelligen Bereich. “Der Juli 2024 sticht mit 65 % Mengen- und 70 % Wertwachstum im Vergleich zum Vorjahr besonders hervor. Auch der Verkauf von Epinephrin-Autoinjektoren ist im Juli signifikant angestiegen“, so Beatrix Linke, Country Lead von IQVIA Austria.
Hohe Nachfrage in Apotheken
Zustimmung kommt auch von zwei heimischen Apotheken an touristischen Hotspots.
„Der heurige Sommer erinnert mich an das große Wespenjahr 2015. Damals war es keine Seltenheit vier oder fünf Kunden hintereinander wegen Stichen zu beraten“, bestätigt Mag. Ulrike Kaniak von der See Apotheke in Kammer-Schörfling am Attersee (OÖ). (Foto: See Apotheke)
Derzeit verzeichne man eine erhöhte Nachfrage nach Insektenschutzmitteln, was angesichts der warmen Jahreszeit und der vermehrten Aktivität von Insekten nicht überraschend ist. Auffallend in der Beratung ist jedoch die starke Nachfrage nach Behandlungsoptionen nach dem Stich und weniger nach Vorbeugung. Bei letzterem sind besonders Sprays und Lotionen mit Icaridin oder DEET beliebt, die einen umfassenden Schutz bieten. „Auch natürliche Alternativen, wie ätherische Öle, finden zunehmend Anklang bei unseren Kunden“, so die Apothekerin.
In Klagenfurt am Wörthersee (K) zeichnet sich wetterbedingt ein etwas anderes Bild ab. Mag. Harald Hauser von der team santé Obelisk Apotheke berichtet zwar von einer zu dieser Jahreszeit naturgemäß erhöhten Nachfrage, die jedoch aufgrund der langen Regenperiode in Kärnten deutlich geringer als im Vorjahr ausfiel. (Foto: zVg)
Notfallmedikament Epinephrin
Beide Apotheken vermelden im Juli jeodch einen erhöhten Bedarf an dem Adrenalin-Notfallmedikament Epinephrin. Auch wenn es derzeit zu Lieferengpässen kommt, ist der Adrenalin-Pen unter dem Handelsnamen EpiPen® in beiden Apotheken vorrätig. Kaniak: „Wir erwarten jeden Sommer tausende Badegäste am Attersee und tragen daher eine besondere Verantwortung. Wir sind äußerst zuversichtlich, den aktuell bestehenden Lieferengpass überbrücken zu können.“
Hauser ergänzt: „Im Juli gab es eine deutlich erhöhte Nachfrage, ich rechne dieses Jahr mit 40 Prozent mehr Verschreibungen. Für dieses Jahr habe ich mir bereits einen Halbjahresvorrat angelegt.“ Auch die See Apotheke vermeldet eine erhöhte Nachfrage: „Wenn der Trend so weitergeht, werden wir fast doppelt so viele EpiPens® abgeben wie letztes Jahr.“
Entwarnung bei Lieferengpässen
Auf die Frage nach Lieferverzögerungen gibt das Pharmaunternehmen Viatris Austria Entwarnung. Man habe die erhöhte Nachfrage, die wiederum auf die mediale Berichterstattung zu einer vermeintlichen Wespenplage zurückzuführen sei, mit einer Steigerung von 80 Prozent deutlich gespürt, die Versorgung mit EpiPens® sei aber gewährleistet. „Auch wenn wir das Produkt derzeit auf ‚nicht lieferbar‘ gesetzt haben, haben wir einen Sicherheitsbestand.“, heißt es von Viatris. Darüber hinaus erwarte man noch diese Woche eine große Lieferung.
Den richtigen Zeitpunkt für eine Bestellung in die Apotheke gibt es dennoch nicht. Der Adrenalin-Pen ist schließlich ein Ganzjahresprodukt, das beim anaphylaktischen Schock unterschiedlicher Allergien, wie etwa Nahrungsmittelunverträglichkeiten, eingesetzt wird. Warum es sich empfiehlt, die Haltbarkeit von 19 bzw. 24 Monaten strikt einzuhalten? Adrenalin ist sehr oxidationsempfindlich und gerade bei Notfallmedikamenten wie dem EpiPen® muss die Wirkung gewährleistet sein.
Beratung an der Tara
Was die Beratung an der Tara betrifft sind sich Kaniak und Hauser einig: “Zur Vorbeugung von Insektenstichen raten wir unseren Kunden, geeignete Insektenschutzmittel zu verwenden und diese regelmäßig nach Anleitung aufzutragen, besonders bei Aufenthalten im Freien. Zusätzlich können helle Kleidung und das Vermeiden von stark duftenden Parfums oder Lotionen helfen, Insekten fernzuhalten”, so Kaniak. Ätherische Öle können darüber hinaus helfen, Wespen zu vertreiben. Noch ein Tipp von der Apothekerin: Wespen mögen kein Regenwetter. Als sanfte Vertreibungsmöglichkeit kann somit auch Wasser, etwa mit einem Thermalwasserspray fein versprüht werden.
Im Fall des Stiches empfiehlt Hauser Gele mit juckreizstillender und abschwellender Wirkung. Zum OTC-Einsatz können auch orale Antihistaminika oder rezeptfreie Cortisongele kommen. Altbewährt sind ammonikahältige Stiften. Wer lieber der Technik vertraut, greift zu Wärme-Pens, die durch punktgenaues, kurzzeitiges Erhitzen das Gift denaturieren und somit unschädlich machen. Diese gibt es neuerdings auch als praktische USB-Stecker fürs Handy. Aber Vorsicht: trotz der guten Wirksamkeit sind die Hitzestifte nicht als Alternative zum Notfallpen zu sehen!
Wer das Abschwellen mit Homöopathie oder Hausmitteln unterstützen möchte, dem kann mit Apis, Ledum oder auch Belladonna Globuli geholfen werden. Schnelle Linderung bringen Kompressen mit Essigwasser, Kamillen- oder Schwarztee.
Insektenexperte Mag. Martin Schwarz vom Biodiversitätszentrum Linz: „Wespen werden im Spätsommer nicht aggressiver, aber sie nutzen verstärkt menschliche Nahrungsquellen.“