Schließung und Entgeltfortzahlung: Rechtliche Stellschrauben für den Ausnahmezustand


von

Ulrike Krestel

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Es gibt keine klaren gesetzlichen Vorgaben für den Fall, dass eine Apotheke aufgrund äußerer Umstände wie Hochwasser schließen muss, erklärt die Anwaltskanzlei Hütthaler-Brandauer & Akyürek* auf Anfrage von TARA24. Aber: Wie verpflichtet ist man wirklich, den ständigen Betrieb aufrecht zu erhalten? Welche Konsequenzen erwarten Apotheken bei Schließung und: Gibt es eine Meldepflicht für beschädigte Medikamente? Plus: Die Rechtsgrundlage für Entgeltfortzahlungen bei Arbeitsausfall von angestellten Mitarbeiter:innen.

Bei Notfällen ist es jedoch schwierig, verbindliche Regelungen zu finden. Betroffene sollten sich an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde sowie die jeweilige Landesgeschäftsstelle wenden, heißt es auch in einer Aussendung der Apothekerkammer. Deutlich klarer ist die Situation für angestellte Apotheker:innen, die als Teil eines Gesundheitsberufs in öffentlichen Apotheken arbeiten, während diese privatwirtschaftlich geführt werden und eine zentrale Rolle in der öffentlichen Gesundheitsversorgung einnehmen.

Verpflichtung zu ständigem Betrieb?

Wenn eine Apotheke aufgrund von Hochwasser oder einer anderen Katastrophe schließen muss, gibt es keine spezifischen gesetzlichen Regelungen, die dies explizit abdecken. Apotheken sind grundsätzlich zum ständigen Betrieb verpflichtet, weshalb eine vorübergehende Schließung aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Umbau unzulässig wäre. Eine Schließung aufgrund höherer Gewalt, wie etwa Hochwasser, fällt jedoch nicht unter diese Bestimmungen. Ein Verstoß gegen die Betriebspflicht würde in diesem Fall keine rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen, da kein subjektives Verschulden vorliegt.

Kein Verschulden, keine Konsequenzen

Zuständig für die Regelung der Öffnungszeiten und des Bereitschaftsdienstes von Apotheken ist die Bezirksverwaltungsbehörde. Diese kann, insbesondere in Krisensituationen oder bei höherer Gewalt, durch Verordnungen abweichende Regelungen festlegen, wenn es einen erhöhten Bedarf gibt oder die Apotheke vorübergehend nicht oder nur eingeschränkt nutzbar ist. Derzeit gibt es jedoch keine solche Verordnung. Für die Schließung eines einzelnen Apothekenbetriebs aufgrund von Hochwasser gilt, dass dies keine verwaltungsstrafrechtlichen Konsequenzen hat, solange kein Verschulden vorliegt.

In Bezug auf die Notfallversorgung besteht keine spezielle rechtliche Verpflichtung, die über die üblichen Pflichten zum Offenhalten oder den Betrieb der Apotheke hinausgeht. Eine alternative Versorgung muss nicht zwingend eingerichtet werden, sofern die Apotheke aufgrund von Hochwasser nicht erreichbar ist.

Keine Meldepflicht für beschädigte Medikamente

Für die Lagerung von Medikamenten und die Entsorgung von durch Hochwasser beschädigten Arzneimitteln gelten keine speziellen Vorschriften. Die Entsorgung erfolgt nach den allgemeinen Regeln für Arzneimittel. Es gibt keine besonderen Meldepflichten für zerstörte Medikamente, und die Kostenfrage hängt von den zuständigen Entsorgungsstellen ab. Gegebenenfalls können staatliche Hilfen in Anspruch genommen werden, um die Kosten zu decken.

Versicherung zuständig

Die Deckung von Schäden durch Hochwasser in einer Apotheke hängt von den abgeschlossenen Versicherungsverträgen ab. In der Regel besteht über Betriebsversicherungen eine entsprechende Deckung, oft jedoch mit einer Deckelung der Schadenssumme. Fragen zur Entschädigung für Umsatzausfälle sind ebenfalls vom jeweiligen Versicherer zu klären, insbesondere, ob eine Elementarversicherung abgeschlossen wurde.

Besondere Maßnahmen zur Wiedererlangung der Betriebserlaubnis nach einer Katastrophe sind nicht erforderlich, da die Konzession nicht automatisch durch das Eintreten einer Katastrophe entfällt. Ein Entzug der Betriebserlaubnis müsste durch eine Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde erfolgen.

Rechtliche Regelung für Entgeltfortzahlungen

Bezüglich des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung bei Dienstausfällen aufgrund von Hochwasser und anderen Naturkatastrophen haben wir eine Stellungnahme der Linzer Anwaltskanzlei LeitnerLaw Rechtsanwälte Edthaler Leitner-Bommer Schmieder & Partner erhalten.

Demnach behalten Dienstnehmer:innen nach § 8 Angestelltengesetz (AngG) bzw § 1154b Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) den Anspruch h auf Entgelt, wenn er aus wichtigen, persönlichen Gründen, die er nicht selbst verschuldet haben, vorübergehend an der Arbeitsleistung gehindert sind. Zu diesen „wichtigen Gründen“ zählen auch Naturereignisse wie Hochwasser, Sturm oder Erdbeben sowie daraus resultierende Verkehrsbehinderungen.

Für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung gelten folgende Voraussetzungen:

Kein Eigenverschulden
Der Arbeitnehmer darf die Dienstverhinderung nicht selbst verschuldet haben und muss alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um trotzdem zur Arbeit zu gelangen. Insbesondere bei vorhersehbaren Verkehrsstörungen, etwa durch Hochwasser, wird im Einzelfall geprüft, ob die Verhinderung vermeidbar gewesen wäre. Wer mit dem Auto zur Arbeit fährt, muss ausreichend Zeit für eventuelle Staus einplanen. Bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sollte der Arbeitnehmer sich vorab über mögliche Störungen informieren.

Mitteilungs- und Nachweispflichten
Arbeitnehmer sind verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über die Dienstverhinderung zu informieren. Ist die Verhinderung absehbar, etwa bei unmittelbarer Betroffenheit durch Hochwasser, muss dies frühzeitig gemeldet werden, damit der Arbeitgeber entsprechende Maßnahmen treffen kann. Auf Verlangen des Arbeitgebers ist die Verhinderung nachzuweisen, beispielsweise durch Medienberichte, Verkehrsmeldungen oder Fotos.

Dauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs
Das Gesetz legt keine genaue Dauer für die Entgeltfortzahlung fest. Es wird individuell geprüft, ob die Dienstverhinderung auf kurzfristige Verkehrsprobleme zurückzuführen ist oder ob der Arbeitnehmer direkt von den Naturereignissen betroffen ist und Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ergreifen muss. In der Regel ist jedoch von einer maximalen Dauer von einer Woche auszugehen.

Wurden die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt und hat der Arbeitnehmer nicht alles in seiner Macht Stehende getan, um den Dienst rechtzeitig anzutreten, besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. In solchen Fällen kann die Abwesenheit als Zeitausgleich oder Urlaub verbucht werden.

* Die Kanzlei räumt ein dass bei der Beantwortung der Fragen von TARA24 zu den Umständen höherer Gewalt keine absolute Rechtssicherheit möglich ist. Zwischenzeitlich erlassene Verordnungen können (mitunter nach Redaktionsschluss) in diesem Beitrag genannte Aussagen hinfällig machen.



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