Retax in Gänze: Parallelimport nicht abgegeben


von

Nadine Tröbitscher

Vielen noch nicht klar: Was muss ich bei der Abgabe von Importen beachten?

Seit Sommer 2024 hat in Österreich die Richtlinie über die Abgabe von Parallelimporten Gültigkeit. Somit ist vorgegeben, wann Apotheken ein parallel importiertes Arzneimittel zulasten der Sozialversicherungsträger abgeben müssen. Kommen Apotheken der Vorgabe nicht nach, droht eine gänzliche Retaxierung.

Der Dachverband der SoziaIversicherungsträger hat die „Richtlinien über die Abgabe von parallel importierten Arzneispezialitäten 2024“ (RPI 2024) erlassen. Diese findet auf alle Abgaben Anwendung, die seit 1. Juli stattfanden und gilt auch für Hausapotheken führende Ärzt:innen.

Was ist ein Parallelimport?

Werden Arzneimittel in der EU produziert und über europäische Tochtergesellschaften des Original-Herstellers importiert und vertrieben, ist von Direktimporten die Rede. Sind Arzneimittel in anderen Ländern preisgünstiger und im Überschuss vorhanden, können diese von Parallelimporteuren beim lokalen Großhandel des europäischen Landes erworben, umverpackt und nach Österreich eingeführt werden. Die Präparate werden als Parallelimporte bezeichnet. So können Einsparungen im Gesundheitssystem erreicht werden. Parallelimporte gibt es seit mehr als 40 Jahren.

RPI 2024

In § 2 Absatz 2 Verfahrensordnung-Erstattungskodex (VO-EKO) ist festgelegt, bis zu welchem Höchstpreis ein Arzneimittel zulasten der Kassen abgegeben werden kann, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen Parallelimport oder ein direkt importiertes Arzneimittel handelt.

Dabei gilt es zu beachten, dass ein Parallelimport nur abgegeben werden kann, wenn dieser zum Zeitpunkt der Abgabe vom Dachverband demselben Bereich des Erstattungskodex zugeordnet ist, wie die entsprechende direkt importierte Arzneispezialität. Dies ist der Fall, wenn das parallel importierende Unternehmen das Arzneimittel zumindest zu gleichen oder besseren Konditionen für die Sozialversicherung anbietet, als die direkt importierte und im Erstattungskodex angeführte Arzneispezialität. Diese Zuordnung wird in der Warenwirtschaft angezeigt.

Was ist in der Apotheke zu beachten?

In der Apotheke sind verschiedene Szenarien möglich. Nicht immer kann und muss ein Parallelimport abgegeben werden. Allerdings ist die Apotheke nicht an die ärztlich verordnete PZN gebunden ist, auch dann nicht, wenn diese in der chefärztlichen Bewilligung angegeben ist.

Direkt- und Parallelimport im EKO gelistet

Die Apotheke hat freie Wahl. Wird ein EKO-gelistetes Arzneimittel abgegeben, ist keine Retaxation auf Grundlage der Richtlinie zu befürchten.

EKO-gelistete Arzneimittel sind nicht verfügbar

Sind EKO-gelistete Arzneimittel nicht lieferbar, kann das günstigste Präparat aus der „No-Box“ abgegeben werden. Achtung, es darf nur das günstigste verfügbare Arzneimittel aus der Box ausgewählt werden. Darum ist unbedingt ein Preisvergleich durchzuführen. In der „No-Box“ haben Apotheken somit keinen Entscheidungsspielraum.

Ist das günstigste Arzneimittel nicht verfügbar, kann auf das nächstgünstigste Arzneimittel ausgewichen werden. Fällt dieses auch auch, kann das nächstpreisgünstigste abgegeben werden. Der Abgaberangfolge kann so lange gefolgt werden, bis ein Präparat verfügbar ist.

Die „No-Box“ enthält in der Regel die Medikamente, die von den Kassen nur im begründeten Einzelfall und bei Vorliegen einer Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Kasse bezahlt werden.

Direktimport ist nicht dem EKO zugeordnet

In diesem Fall kann der Dachverband ein Arzneimittel als ökonomisch kennzeichnen. Liegt eine solche Kennzeichnung vor, ist grundsätzlich das gekennzeichnete Präparat abzugeben. Nur im Falle einer Nichtverfügbarkeit darf das auf Basis Kassenverkaufspreis günstigste, nicht als ökonomisch gekennzeichnete, Arzneimittel abgegeben werden.

Gibt es keine Kennzeichnung in der,,No-Box”, darf nur die auf Basis Kassenverkaufspreis günstigste Arzneispezialität abgegeben werden.

Nichtverfügbarkeit und Vermerk

Ein Arzneimittel gilt laut RPI 2024 als nicht verfügbar, wenn die Direkt- und Parallelimporte, die vom Dachverband demselben Bereich des Erstattungskodex zugeordnet wurden, zum Zeitpunkt der Abgabe bei jeweils zwei Arzneimittelgroßhändlern nicht erhältlich sind.

Die Nichtverfügbarkeit liegt vor, wenn die Lieferung nicht bis zum Ende des auf die Bestellung folgenden Werktages erfolgt und dieser kein Sonn- oder Feiertag ist. Dann gilt ein Arzneimittel als nicht verfügbar, wenn eine Lieferung am selben Tag nicht möglich ist.

Handelt es sich um ein Direct to Pharmacy Vertriebsmodell, ist jedenfalls ein Nachweis über die Nichtverfügbarkeit vom vertriebsberechtigten Unternehmen, das sich eines Direct to Pharmacy Vertriebsmodells bedient, einzuholen.

Über die Nichtverfügbarkeit sind Nachweise einzuholen. Diese sind zu dokumentieren – beispielsweise als ausgedruckter Screenshot oder E-Mail – und im Rahmen der Abrechnung gemäß Absatz 3 (Kennzeichnung mit der laufenden Belegnummer) den Sozialversicherungsträgern zu übermitteln. Liegt ein Papierrezept vor, darf ein schriftlicher Vermerk nicht fehlen.  

Nur bei nachweislicher, dokumentierender Nichtverfügbarkeit eines im Erstattungskodex angeführten Direktimportes und aller Parallelimporte im Bereich des EKO, ist die Abgabe anderer parallel importierter Arzneimittel, die vom Dachverband keinem EKO-Bereich zugeordnet sind, zulässig. Abgerechnet wird das zum Zeitpunkt der Abgabe auf Basis des Kassenverkaufspreises günstigste verfügbare Arzneimittel.

Verstöße

Kommen Apotheken den Vorgaben der Richtlinie nicht nach, wird in Gänze retaxiert.

Kurz und knapp: Ablauf an der Tara

Sind für das rezeptiertes Arzneimittel Direkt- oder Parallelimporte im EKO gelistet und verfügbar, kann die Apotheke aus den Präparaten frei wählen. Sind zwar entsprechende Arzneimittel gelistet, aber nicht lieferbar, ist die Nichtverfügbarkeit zu dokumentieren und nach dem Preisvergleich der Präparate in der „No-Box“ das günstigste abzugeben. Auch hier gilt es die Nichtverfügbarkeiten entsprechend zu dokumentieren, wenn nicht das günstigste, sondern das nächstgünstigste Präparat abgegeben wurde.

Sind für das rezeptiertes Arzneimittel Direkt- oder Parallelimporte im EKO gelistet, gelten die Vorgaben für die „No-Box“.



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