10 Tabletten Oxycodon vom verstorbenen Opa oder einen ganze Packung Pregabalin 75 mg wegen Therapieumstellung? Das und vieles mehr kann man in einer offenen Facebook-Gruppe käuflich erwerben. Ohne Rezept, ohne Arzt, ohne Apotheker.
Als 2022 die erste große Lieferengpass-Welle über die Apotheken hereinbrach, kam der Präsident der Deutschen Bundesärztekammer Dr. Klaus Reinhardt auf die kreative Idee der pharmazeutischen Nachbarschaftshilfe. Er schlug – ernst gemeint – vor, im amikalen Tausch Reste von Schmerzmitteln oder Antibiotika an „Bedürftige“ weiterzugeben. Ohne fachlichen Check. Ein Antibiotikum ist schließlich so gut wie das andere.
Oxycodon, Zolpidem und Semaglutid
Zwar ruderte Reinhardt kurz darauf wieder zurück, aber die Idee machte Schule und die Auswirkungen sind noch heute in der digitalen Welt zu finden: Auf Social Media in einer öffentlich zugänglichen Facebookgruppe. Dort wird allerdings nicht generös getauscht, sondern gegen bare Münze geschachert. Das Angebot umfasst so ziemlich alles, was zumindest zwei Kreuzchen aufweist, wenn nicht gar eine Suchtgiftvignette verlangt – jedenfalls aber verschreibungspflichtig ist. Besonders populär sind Oxycodon, Zolpidem, Pregabalin und die allseits beliebten Abnehmspritzen.
Illegal und gefährlich
Bisweilen werden letztere auch unter genau der Bezeichnung feilgeboten. „Spritzen zum Abnehmen, 3 Stück, 500 Euro“. Kein Produktname, kein Verfallsdatum, keine Angabe über Lagerung oder gekühlte Lieferung. Dass das Ganze nicht nur illegal, sondern auch extrem gefährlich ist, kommt den Gruppenmitgliedern nicht in den Sinn. Ganz im Gegenteil wird immer wieder in aufmunternden Posts versichert, dass man hier etwas Gutes tun würde, weil man doch sonst die Medikamente vom verstorbenen Opa wegschmeißen müsste.
Auch Rezepte erhältlich
Erstaunlicherweise kann man sogar Rezepte für PDE-5-Hemmer und GLP-1-Analoga erwerben. Ob die auch vom verstorbenen Opa sind, wird nicht erwähnt. Genauswenig, wo diese gültig sind, denn die Gruppe funktioniert offensichtlich länderübergreifend. Zwar sind die meisten Angebote ganz klar deutscher Provenienz, es taucht aber auch immer wieder ein Offert aus Österreich oder der Schweiz auf.
Anonyme Anbieter
Einzig Positives: die Gruppe ist relativ schwer zu finden und die Zahl der Mitglieder überschaubar. Als Fachmedium ist TARA24 der Information verpflichtet und will hier bestenfalls Antiwerbung machen. Wenn Sie aber selbst überprüfen wollen, was Ihre Kundinnen und Kunden am „Flohmarkt“ erwerben können, geben Sie in die Facebook-Suche „Medikamentenflohmarkt Medikamente & Hilfe“ ein. Die Beitrittsanfrage wird ohne Prüfung sofort zugelassen. Was Sie dann schnell feststellen werden: ein Gutteil der Anbieter ist anonym unterwegs – was den Medikamentenerwerb noch vertrauenswürdiger macht.
Katharina Brand/apotheke adhoc