Sie läuft Trial und Halbmarathon, fährt Motorrad und absolviert nebenbei eine wirtschaftliche Ausbildung. Trotzdem wird die zierliche Pharmazeutin gerne unterschätzt. Ein Umstand, der ihr manchmal auch ganz recht ist.
Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. So oder so ähnlich wurde es gerne in den letzten Jahrzehnten formuliert. Aber die Welt hat sich weitergedreht und jetzt stehen die toughen Frauen zumindest neben ihren Männern und denen in Erfolg, Elan und Esprit um nichts nach. Genau so eine Frau ist Elisa Gerstbauer.
Wer sich beim Lesen des Porträts ihres Ehemannes René Gerstbauer vielleicht gefragt hat, wie man als Frau an der Seite eines so umtriebigen Partners bestehen kann, vergisst diese Frage augenblicklich, sobald Elisa Gerstbauer zu erzählen beginnt. Diese zierliche Person beeindruckt nicht nur durch ihren Charme und Intellekt, sondern auch durch ihre Zielstrebigkeit und mit einem ebenso bewundernswerten “Wahnsinn” wie der ihres Mannes – und das im allerpositivsten Sinne.
Häufig unterschätzt
Wobei diese „Wahnsinnigkeit“ nicht von Beginn an sichtbar war – und, um ehrlich zu sein, auch heute noch recht versteckt daherkommt. Gerstbauer (ab sofort sprechen wir immer von Elisa – was übrigens keine Abkürzung für Elisabeth ist) bezeichnet sich selbst als U-Boot. Zumindest in der Schulzeit war das ihre Taktik gewesen. „Ich wollte nicht auffallen. Deshalb hat man mich auch oft unterschätzt.“ Ihre Augen funkeln. Dieses „Unterschätzen“ sollte ihr auch später begegnet – aber dazu kommen wir noch.
Ihre Zielstrebigkeit war ebenfalls früh zu erkennen: „In der siebten Klasse wusste ich, dass ich Pharmazie studieren möchte. Am liebsten wäre ich sofort auf die Uni gegangen. Aber das ging ja leider nicht,“ sagt Gerstbauer lachend. Die Neigung zur Pharmazie kam aus dem Interesse für Chemie „trotz schrecklicher Chemielehrer“ betont sie.
Während des Studiums ging die U-Boot-Taktik auch ganz gut auf. „Im Hörsaal ist es recht anonym. Das gefiel mir.“ Aber auch die schnelle praktische Umsetzung des Gelernten in den Laboren war nach ihrem Gusto. Nicht so den Geschmack der frisch gebackenen Pharmazeutin traf hingegen der Ausblick auf einen Arbeitsplatz in der Apotheke.„Ich wollte zur AGES, aber die verlangten für eine Anstellung das Aspirantenjahr.“
Was tut man nicht für seinen Traumjob? Also doch rein in die Offizin – oder zuerst aus Bewerbungsgründen in das Chefbüro. Dort hörte die quirlige Wienerin dann Sätze wie „Sie sind so klein und zart. Sie stehen bestimmt keine 40 Stunden an der Tara durch.“ Wo wir wieder beim Thema „unterschätzen“ wären.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass Gerstbauer aktuell für den Triathlon trainiert und gerade einen Trail-Run mit 1700 Höhenmetern fast eine Stunde schneller als ihr Mann absolviert hat.
Steil bergab und steil bergauf
So fand sie also doch ihren Weg in die Apotheke („Zur Spinnerin am Kreuz“ im 10. Wiener Bezirk) – und es gefiel ihr so gut, dass sie nicht nur dort hängen blieb, sondern sich jetzt auch sehr konkret mit dem Gedanken der Selbstständigkeit trägt. Auch hier zeigt sich wieder die Zielstrebigkeit der jungen Frau. Seit einem Jahr besucht sie nämlich Seminare, die sich speziell mit den Themen Arbeitsrecht, Betriebs- und Personalführung beschäftigen.
Wenn schon, dann richtig – das könnte das Lebensmotto der Wienerin sein. Anfang des Jahres begleitete sie ihren Mann ins Fitnessstudio. Und weil ihr die Geräte unsympathisch waren, begann sie zu laufen. Aus zwei Kilometern wurden fünf, aus fünf wurden zehn. Und aus ebenem Gelände wurde Trail-Running. Da hängt sie ihren Mann mittlerweile locker ab. „Bei unserem letzten gemeinsamen Bewerb bin ich schon mit Pommes dagesessen, als er ins Ziel kam.“ Sie lacht. „Ich wusste ja nicht, wann er finishen würde,“ ergänzt sie – und es klingt weniger nach Entschuldigung als nach befriedigtem Ehrgeiz. Aber 50 Minuten sind ein durchaus respektabler Vorsprung bei 27 Kilometern. „Mein Mann sagt, dass ich beim Bergablauf nicht den Tod fürchte.“
Himmlischer Antrag für die Motorradbraut
Das tut sie auch nicht, wenn Sie neben ihm am Motorrad cruist oder hinter ihm am Sozius 1.200 km auf der Route 66 entlang düst. Noch lieber sieht sie mit ihm gemeinsam in den Himmel, denn beide teilen die Begeisterung für Astronomie. Die spielte auch beim Heiratsantrag eine wesentliche Rolle. Der soll gerne privat bleiben. Nur so viel: es kam eine Mondlandefähre dabei vor und es könnte sich zufällig am 50. Jahrestag der Mondlandung zugetragen haben – auf die Minute genau um 3:56 (exakt zu dem Zeitpunkt, als Neil Armstrong seinen Moonboot in den Trabantenstaub gesetzt hatte). Romantik können die Gerstbauers also auch.
Was ist denn normal?
Eine Frage muss zum Schluss noch kommen: Wenn der Mann nur drei Stunden pro Nacht schläft, wie sieht das dann bei ihr aus? Hat sie ein normales Schlafbedürfnis? Prompt kommt die Gegenfrage: „Was ist denn normal?“ Wieder grinst die Apothekerin und ergänzt: „Ich gehe so um Mitternacht ins Bett und stehe gegen 6:00 Uhr auf.“ Kann man als normal durchgehen lassen. Heißt aber, sie schläft alleine ein und steht alleine auf. „Ja,“ stimmt sie lachend ein, „aber ich sehe ihn ja dann am Nachmittag.“ Da arbeitet ihr Mann nämlich in derselben Apotheke wie sie. Und wenn die Zukunftspläne aufgehen (was hier nicht im Geringsten angezweifelt wird), in absehbarer Zeit sogar für sie. Dann stellt sich die Frage nicht mehr, wer der Chef im Haus ist. Oder die Chefin.
Und auch dann wird es ganz bestimmt eine Teamleistung des Power-Paares werden.