Hinter den Kulissen der bald größten Apotheke Europas


von

Astrid Janovsky

Am Schild steht Apotheke – aber hinter der orangen Türe im linken Flügel des AKH verbirgt sich ein pharmazeutisches Unternehmen mit der Lagerhaltung eines Großhandels. TARA24 durfte sich das beeindruckende Leistungsspektrum der AKH-Apotheke ansehen und nimmt Sie mit hinter die Kulissen der ab spätestens 2028 größten Apotheke Europas.

Dass die Anstaltsapotheke im AKH eine Schlüsselrolle einnimmt, erkennt man bereits daran, dass sie leicht zu finden ist – was nicht bei jeder Klinikapotheke in Österreich der Fall ist. Hinter einer recht unscheinbaren orangen Metalltüre verbirgt sich eine Apotheke, die jede Vorstellung einer solchen in den Schatten stellt.

Leiterin Mag. Martina Anditsch (Bild: in ihrem Büro) fegt wie ein Energie-Tornado über die Fläche und hinterlässt überall gute Laune. Bei unserer Führung durch sämtliche Abteilungen wurden alle Mitarbeitenden namentlich begrüßt und es war immer Zeit für ein paar persönliche Worte. Bei mehr als 200 Angestellten und einem Arbeitspensum, das vermutlich dem eines Konzernmanagers gleicht, bewundernswert.

Nahe dem Büro der Leiterin ist jenes des „Beschaffungsteams“. Vier Kräfte sind hier ausschließlich mit dem Einkauf betraut und organisieren nicht nur jedweden Bedarf für das gesamte AKH mit seinen insgesamt 60 Kliniken und Ambulanzen, für Forschung und Routineeinsatz, sondern stellen auch die Versorgung des St. Anna Kinderspitals und des Sanatorium HERA sicher. Einzigartig in ganz Österreich: Die Beschaffung der Implantate erfolgt über die Apotheke, die Lagerung vor Ort auf den Stationen und OPs.

Das “Beschaffungsteam” versorgt nicht nur das AKH mit den notwendigen Arzneimitteln.

Einen Raum weiter befindet sich die „Offizin“. Optisch hat die mit dem, was man von der öffentlichen Apotheke kennt, wenig gemeinsam. Die Funktion ist aber ähnlich: die „AKH-Offizin“ ist das Herzstück der Apotheke und immer mit zwei Personen besetzt.  Wie das Krankenhaus ist auch die Apotheke 24/7 in Einsatz.

Der Raum für die Wareneingangsprüfung, das analytische Labor, ist voll bis in die letzte Ecke und mit allerlei Hightech-Gerätschaften ausgestattet.

„Man sieht hier, dass der Ausbau dringen notwendig ist,“ lacht Anditsch. Dieser findet gerade unterhalb der aktuellen Räumlichkeiten statt und soll Ende 2027 abgeschlossen sein. Dann wird die AKH-Apotheke die größte in ganz Europa sein.

Gelagert wird auf Plastikpaletten. Hier zu sehen: Ein Teil der Verbandsstoffe.

Das Warenlager ist jetzt schon beeindruckend und macht jedem Großhandel Konkurrenz. Gelagert wird ausschließlich auf Plastikpaletten. „Aus Hygienegründen“, erklärt Anditsch. „Wir haben sogar eine eigene Waschanlage dafür.“ Unterstützung bei den 15.000 Packungen, die hier täglich bewegt werden, liefern Bernardo und Valentina – die beiden Kommissionierautomaten. In ihnen lagern gesamt rund 70.000 Medikamente. Kühlware und Suchtgift werden separat von den Logistik PKAs dazu kommissioniert.

iv-Abteilung: Hochkonzentrierte Arbeit hinter Glas – aber mit Tageslicht.

Ein weiters Highlight im Leistungsspektrum ist das iv-Service. Ganze drei Apotheken im EU-Raum schaffen eine derartige Performance. Rund 70.000 Zubereitungen – vorrangig für die Neonatologie – werden hier von PKAs im vier-Augen-Prinzip unter Supervision der Apotheker:innen gefertigt. Dabei liegt zwischen Anforderung und Auslieferung maximal 1,5 Stunden. Das ist Präzisionsarbeit in Rekordzeit. Was erstaunt: in den meisten Laboren gibt es Tageslicht. Nur das Lager in der unteren Ebene ist fensterlos. Wer hier arbeitet, erhält jeden Monat einen zusätzlichen Urlaubstag zum Sonnentanken.

Auch interessant: im Lagerbereich gibt es keine klassischen Wassersprinkleranlagen als Brandschutz, sondern Gaslöschanlagen, um im Falle eines Feuers den Schaden an den Arzneimittelpackungen möglichst gering zu halten.

Bild: ein Blick ins Innere von “Valentina” – einem der beiden Kommissionierautomaten.

Das Konstrukt aus Gängen und Räumen ist für Erstbesucher verwirrend und die Dimensionen werden leicht unterschätzt. Unser Rundgang durch die wichtigsten Bereiche hat stolze 45 Minuten gedauert. Am Ende zeigt Anditsch noch eine Wand mit Gemälden und Zeichnungen. Diese sind im Zuge von Teambuilding-Veranstaltungen entstanden. Auch eine eigene Hymne hat das Team der Anstaltsapotheke kreiert. Obwohl die Arbeit hier anstrengend und fordernd ist (und nach Kollektivertrag bezahlt wird), sind die Arbeitsplätze begehrt. Nicht nur auf Mitarbeitermotivation, auch auf den Arbeitsschutz wird viel Wert gelegt. Anditsch weist stolz auf spezielle Stützgurte hin, die einige Lagerarbeiter tragen. „Das erleichtert ihnen die Arbeit und wir haben weniger Krankenstände,“ erklärt die Leiterin. Der gelingt es hier in beeindruckender Art, den schwierigen Spagat zwischen Mitarbeitermotivation und High Performance zu schaffen.

High-End High-Tech: Vor der Einlagerung in den Automaten wird jede Packung vermessen und gewogen.


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