Zwischen Heilkunst und Kunstgeschichte: Apotheke in Schieles Geburtshaus


Viktoria Gamsjäger

Wo Egon Schiele einst lebte, ist heute die Hauptbahnhof Apotheke Tulln untergebracht.Maximilian Paukovics-Rypar

Der Geburtsort von Egon Schiele befindet sich im ersten Stock des Bahnhofs Tulln an der Donau. Hier wurde der berühmte Künstler am 12. Juni 1890 als Sohn des Bahnhofsvorstands Adolf Schiele geboren und verbrachte dort die ersten elf Jahre seines Lebens. In genau diesem geschichtsträchtigen Haus befindet sich nun die „Apotheke Hauptbahnhof Tulln“ von Mag. Maximilian Paukovics-Rypar: Ganz im Sinne von Schiele möchte der Familienbetrieb die Achtsamkeit und den Respekt vor dem Menschen und der Natur in den Mittelpunkt rücken.

Der gebürtige Mödlinger Paukovics-Rypar hatte im Juli 2015 um eine Konzession für den Standort am Bahnhof Tulln angesucht, eröffnet wurde die Apotheke dann im September 2019. „Durch den Denkmalschutz hatten wir einige Auflagen zu beachten. Da kam dann meine Frau Astrid ins Spiel. Sie ist gelernte Restaurateurin. Das hat uns enorm geholfen beim Umsetzen unserer Vorstellungen.“ Neben dem Thema Barrierefreiheit habe insbesondere die Genehmigung des Abtragens historischer Mauern Zugunsten einer modernen Eingangstüre viel Aufmerksamkeit verlangt. 

Ihr fünfjähriges Bestehen feierte die Apotheke mit einer neuen Homepage inklusive Archiv der bisher veröffentlichten Ausgaben ihres „ApothekenBlatts“. „Als wir die Apotheke damals eröffneten, ging unsere Tochter Marlene noch in die Volksschule. Das scheint uns in weiter Ferne heute“, berichtet Paukovics-Rypar.

Bewusst integriert: Ambiente des Geburtshauses

Im Zuge der Umbauarbeiten wurde der Edelrohbau mit dem Fokus auf einen harmonischen Raum eingerichtet. „Bewusst nutzen wir Naturmaterialien wie Stein, Holz, Metall und Glas. Im Fokus stehen natürliche Methoden der Heilkunst – das sollte sich auch in der Einrichtung wiederfinden“, so der Apotheker. Das besondere Ambiente des Geburtshauses wird bewusst in das Apothekenkonzept integriert.

„Selbst unser Corona-Hygieneschutz ist nicht wie bei den meisten Apotheken aus Plexiglas. Wir haben ihn extra im Sinne der Schönheit von einem Tischler aus Holz und Glas anfertigen lassen. Er greift das Konzept des Raums auf und fügt sich ins Gesamtbild ein“, erklärt Paukovics-Rypar.

Mehr als ein Drittel seines kurzen Lebens bewohnte Egon Schiele dieses Gebäude. „Da sein Vater Bahnhofsvorstand war, verbrachte Schiele hier einen Großteil seines Lebens – sogar in unseren Räumlichkeiten. Hier war früher ein Gasthaus und der Maler war anscheinend öfter anzutreffen“, so Paukovics-Rypar über die damalige Nutzung der Apothekenstätte. „Mit nur 28 Jahren erlag Schiele der Spanischen Grippe. Eine Zeit voller Qualen, daher haben wir uns bewusst für einen anderen Apothekennamen entschieden. Wir sehen die Apotheke als einen Quell für Gesundheit.“ 

„Vom Eichenboden bis hin zur Eichentinktur“

Die Innenraumgestaltung und Anordnung in der Apotheke reflektiert auch die Einstellung der Familie zur Phytotherapie und Natur. „Der Beratungsraum ist bewusst offen gestaltet und lädt dennoch zum lockeren Ansprechen der oft intimen Befindlichkeiten ein.“

Einen großen Schwerpunkt legt die Apotheke auf die Traditionelle Europäische Medizin und regionale Produkte. Auch das spiegle sich in der Einrichtung der Apotheke wider: „Wenn man so will, haben wir von der Eichenrindentinktur bis hin zum edlen Eichenboden alles in unserer Apotheke“, sagt der Apotheker und lacht.

Mit Zwei-Euro zur Kunstgeschichte

Die denkmalgeschützte Apotheke ziehe einige Kunstliebhaber:innen oder Fahrradtouristen an, erklärt der Apotheker: „Eine Kooperation mit dem Museum gibt es in diesem Sinne nicht, aber die Apotheke hilft gerne Kunst-Interessierten hin und wieder mit einer Zwei-Euro Münze aus. Denn der Eintritt zur Ausstellung erfolgt über einen Münzeinwurf, danach ergeben sich dann oft Gespräche über die Kunst“, so der Chef.

Schiele thematisiert in seiner Kunst existenzielle Fragen wie Leben, Tod und Krankheit – alles Themen, die im Apotheken-Alltag auch aufkommen. In der Hauptbahnhof Apotheke in Tulln wolle man jedoch das „Leben bejahen“ und „bewusst den Menschen als Ganzes in den Fokus rücken“.



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