Mag. Jürgen Baumberger: Von der Tara in den Talar


von

Astrid Janovsky

Abt Jürgen Baumberger betreut drei Kirchengemeinden in Tirol.Foto: Reinhold Sigl, Stift Wilten

Er war einmal Apotheker, jetzt ist er Abt im Stift Wilten in Innsbruck. Warum er schon bei der Matura mit dem Priesterberuf geliebäugelt hat, wieso er eigentlich nicht nach Innsbruck wollte und welche Gemeinsamkeiten sich im Apothekerberuf und dem Priester-Dasein finden erklärt uns der sympathische Oberösterreicher im Gespräch.

Die schönsten Geschichten beginnen immer mit „es war einmal“. Deshalb lassen Sie uns so anfangen: Es war einmal Mag. pharm. Jürgen Baumberger…oder starten wir noch früher: Es war einmal Jürgen Baumberger. Der stand, wie viele junge Menschen, nach der Matura vor der Frage, wie es nun weitergehen sollte. Zu dem Zeitpunkt schlugen bereits zwei Herzen in seiner Brust: das eine war seine Neigung zu Chemie. Bereits zu Gymnasiumszeiten hatte sich diese Leidenschaft bemerkbar gemacht, indem er den Landessieg bei der Chemie-Olympiade eingestreift hatte. Dann war da aber auch eine starke Verwurzelung in der Pfarrgemeinde und das Gefühl, für das Priesteramt berufen zu sein.

Pragmatische Studienwahl

Die Würfel fielen dann zu Gunsten des Pharmaziestudiums „weil das zu einem großen Teil aus Chemie besteht“ so Baumberger. Zum Studieren ging er dann nach Graz. „Eine rein pragmatische Entscheidung“ betont der Oberösterreicher. „Wien war mir zu groß und Innsbruck zu weit weg.“ Dass Innsbruck später einmal seine Bestimmung werden würde, wusste der angehende Pharmaziestudent zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Vom Studium war er so begeistert, dass er in Mindestzeit durchfegte und mit 22 den Abschluss in der Tasche hatte – gemeinsam mit der Aussicht auf eine bezahlte Dissertationsstelle. Und eigentlich wollte der junge Pharmazeut auch gar nicht in die Offizin, sondern viel lieber in die Forschung. Er entschied sich dann aber doch für eine abgeschlossene Berufsausbildung und die Absolvierung des Aspirantenjahres in der Einhorn-Apotheke in Linz.

Sondergenehmigung für das Aspirantenjahr

Jetzt kommt der Punkt, an dem aus einem erfolgreichen Werdegang ein außergewöhnlicher wird. Baumberger entschloss sich jetzt nämlich zum 2. Bildungsweg und dem Beginn des Theologiestudiums. Deshalb bekam er für sein Aspirantenjahr eine Sondergenehmigung. Die ersten sechs Monate wurden am Stück absolviert, die zweiten sechs aufgeteilt auf die nächsten drei Sommerferien des Theologiestudiums. Dass der Pharmazeut sein Aspirantenjahr mit Auszeichnung abschloss, hat an dieser Stelle vermutlich ohnehin jeder erwartet.

Was Baumberger letztendlich zur beruflichen Wende veranlasste? „Es war schon ein Ringen mit mir selbst.  Jetzt hatte ich endlich dieses schwierige Pharmaziestudium hinter mich gebracht und sollte nochmals ganz von vorne anfangen?“ erinnert er sich. „Aber ich dachte mir: ich habe eine super Berufsausbildung und kann jederzeit wieder zurück.“

Seiner Ausbildungsapotheke blieb er noch eine ganze Weile als Urlaubsvertretung erhalten. Nicht zuletzt, weil er dort ein wunderbares Team um sich hatte.

Apotheker Jürgen wird zu Abt Leopold

Foto: Maximilian Markschläger, Stift Wilten

Für das Theologiestudium übersiedelte Baumberger letztendlich doch noch nach Innsbruck. Dort lernte er den Orden der Prämonstratenser im Stift Wilten kennen, in den er 2014 eintrat. Und nun wurde aus Mag. Jürgen Baumberger „Herr Leopold“ – und im letzten Jahr „Abt Leopold“. Damit zählt er zu einem der jüngsten Äbte in Österreich.

Mit dem neuen Amt wuchs auch seine Beanspruchung. „Ich habe jetzt einen 60-80 Stunden Nebenjob“ lacht er. Denn er lässt es sich nicht nehmen, weiterhin seine drei Tiroler Kirchengemeinden zu betreuen. „Mir ist wichtig, die Bodenhaftung zu behalten. Und die Leute in meinen Pfarren sind einfach so richtig bodenständig. Außerdem entspannt mich das Rasenmähen rund um das Pfarrhaus.“

„Ich habe jetzt einen 60-80 Stunden Nebenjob“

Jürgen Baumberger

Repräsentieren und wirtschaften

Bei der Frage nach dem Klostergarten eines ehemaligen Apothekers kommt Baumberger kurz ins Stocken „Bei meinen Eltern hatte ich 200 verschiedene Heilpflanzen angebaut. Im Klostergarten ist aber zugegeben wenig da. Dabei hätte ich jetzt Platz.“ Er lacht und man versteht, warum er von seinen durchwegs älteren Mitbrüdern zum Abt gewählt wurde.

Apotheke ist wie Seelsorge

Auf die Frage nach den Parallelen zwischen Priesteramt und Apotheke hat er eine ganz klare Antwort „Die Arbeit in der Apotheke hat viel mit Seelsorge zu tun. Der Faktor Zeit spielt eine entscheidende Rolle. Das braucht freilich nicht jeder Kunde, aber ganz vielen hilft es, wenn man sich Zeit für ein Gespräch nimmt. Empathie und Fürsorge sind wichtige Faktoren im Heilungsgeschehen.“

Pfarrer, Pflegehelfer und Feuerwehrmann

Foto: Leopold Baumberger, Stift Wilten

Zeit findet Abt Leopold auch noch für seine Ehrenämter: er ist Kurat von gleich drei Schützenkompanien „das hat in Tirol eine besondere Tradition. Und wenn man beim einen ja sagt, muss man das auch beim anderen tun“. Und er ist Kurat und aktives Mitglied der Feuerwehr. Wenn es brennt, steht der Abt dann auch selbst am Löschschlauch – und erzählt das, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt.

Weil der Tag 24 Stunden hat, geht sich auch noch das Amt des Seelsorgers beim Malteser Hospitaldienst aus. Spätestens jetzt ist vermutlich klar, dass er auch hier nicht „nur“ geistlicher Begleiter ist. Baumberger hat dafür die Pflegeausbildung absolviert. Vorletztes Jahr konnte er in dieser Funktion eine Reise von 400 Personen nach Rom begleiten. Darunter waren viele im Rollstuhl. „Die haben recht unterschiedliche Bedürfnisse. Manche sind sehr selbstständig, andere brauchen mehr Hilfe. Da ist es schon gut, wenn man sich auskennt.“ Und er ergänzt: „Ich hätte auch gerne die Sanitäterausbildung absolviert, aber das war zeitlich einfach nicht möglich“.

Eine Information fehlt übrigens noch, um das alles besser einordnen zu können: Abt Leopold ist gerade einmal 37 Jahre alt.



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