Fünfstelliges Minus durch Null-Retax


von

Astrid Janovsky

Kein Einzelfall: Apotheken in ganz Österreich zittern um ihr Geld.AdobeStock_435303171/Who is Danny

In ganz Österreich ist der Unmut in der Apothekerschaft über die Retaxierungen auf Null groß. Die Schadenssummen sind teilweise enorm, wie etwa bei Mag. Clemens Feldmann in Tirol.

Die unliebsame Überraschung flatterte diese Woche in die Apotheke. “Am Dienstag habe ich die Novemberabrechnung mit einem fünfstelligen Betrag retaxiert erhalten”, erzählt Mag. pharm. Clemens Feldmann, Innhaber der Engel Apotheke in Telfs/Tirol. “Retaxierungen in dieser Höhe habe ich in meiner Berufslaufbahn als Apotheker noch nie erlebt, da bei der Abrechnung immer sehr gewissenhaft gearbeitet wird.” Feldmann erinnert sich: “Im ersten Moment war ich überrascht und sprachlos. Insbesondere deswegen, weil auf Null, also vollständig retaxiert wurde, was bisher nicht üblich war. Bisher wurde in der Regel nur die Differenz des „Schadens“, der der Krankenkasse entstanden ist, retaxiert.”

Der Apotheker wollte die komplette Ablehnung der von ihm erbrachten und vorfinanzierten Leistung nicht auf sich beruhen lassen. “Daraufhin habe ich mich informiert und erfahren, dass vereinbart wurde, dass man Bestätigungen in der Jännerabrechnung nachreichen kann. Wenn diese die Nichtlieferfähigkeit des jeweiligen Arzneimittels belegen, kann dann die Retaxierung rückgängig gemacht werden. Glücklicherweise ist es uns Gelungen, diese Bestätigungen in den letzten Tagen von jeweils zwei Großhändlern einzuholen.” Feldmann zeigt sich zuversichtlich: “Nun hoffen wir, dass mit der Jännerabrechnung die Retaxierung behoben wird.”

Sorge um Dezember-Abrechnung

Doch noch ist nicht alles ausgestanden. “Für Dezember werden wir dasselbe Prozedere wiederholen müssen und hoffen auch hier, alle Bestätigungen zu erhalten.” Jetzt ist man noch sorgsamer, als ohnehin schon. “Für Jänner haben wir unsere Abrechnung nun genau geprüft”, erklärt Feldmann. Er geht davon aus, keine „Fehler“ gemacht zu haben. Die EDV-Anbieter haben schnell reagiert. “Es gibt seit kurzem eine Funktion in der AVS-Abrechnungssoftware, die auf potenziell betroffene Arzneimittel aufmerksam macht”, freut sich der Inhaber. Auch bei der Abgabe mache die Apothekensoftware nun darauf aufmerksam, wenn bei No-Box Arzneimitteln der günstigste Parallelimport abgegeben werden muss.

Die Aufarbeitung der Retaxierung war mit großem Aufwand verbunden “für die Apotheken und wahrscheinlich auch für die Großhändler” mutmaßt der Apotheker, da diese unzählige Bestätigungen prüfen und ausstellen mussten. Er kennt auch das Leid der Kolleginnen und Kollegen: “So gut wie jede Apotheke, mit der ich Kontakt habe, ist in kleinerem oder größerem Ausmaß betroffen. Ich persönlich finde es nicht in Ordnung, dass die Krankenkassen auf Null retaxieren, da die Patientinnen und Patienten das korrekte Arzneimittel erhalten haben und der finanzielle Unterschied für die Kassen sich meist nur im Euro- oder gar Cent-Bereich bewegt.” Er könne diese Vorgangsweise nicht nachvollziehen, “da wir als lokale Apotheke bisher immer gute mit den Kassen – – auch bei den Abrechnungen zusammengearbeitet haben und etwaige Probleme immer auf einer konstruktiven Ebene besprechen und klären haben können.”

Unverhältnismäßig und nicht gerechtfertigt

Feldmann hofft, dass die Abrechnung künftig ohne Retaxierungen verläuft. Der bürokratische Aufwand habe sich deutlich erhöht. Für ihn schwingt jetzt ein gewisses Unwohlsein mit, ob man wohl kein Detail übersehen habe. Die Angst, dass man durch eine vollständige Retaxierung einen großen finanziellen Schaden erleidet, ist da. Genauso wie das Empfinden, dass eine Null-Retax vollkommen unverhältnismäßig und nicht gerechtfertigt ist.



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